Dieselben Grundsätze gelten im Wesentlichen bei dem Ersatz der Sachverständigenkosten.
1. Rechtliche Ausgangslage
Auch hier gilt die subjektbezogene Schadensbetrachtung, wonach Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, zu nehmen ist. Grundsätzlich muss der Geschädigte daher vor der Beauftragung eines Unternehmers zur Schadensbeseitigung keine Marktforschung nach dem günstigsten Anbieter betreiben (BGH, Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13, DAR 2014, 194; BGH, Urt. v. 22.7.2014 – VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151; BGH, Urt. v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06, zfs 2007, 507).
Ihm gegenüber kann daher nur der Vorwurf eines möglichen Mitverschuldens erhoben werden. Dies wird insbesondere diskutiert, wenn die Höhe Sachverständigenkosten in Relation zu einem niedrigen Schaden besonders auffällig ist: Entspricht das Sachverständigenhonorar mindestens 40 % des ersatzfähigen Schadens, ist dieses Missverhältnis nach einer Ansicht auch für den Geschädigten erkennbar überhöht und die nicht mehr wirtschaftliche und angemessene Beauftragung eines Sachverständigen zu einem solchen Honorar kann dem Geschädigten als Mitverschuldenseinwand entgegengehalten werden (AG Bonn, Urt. v. 17.2.2014 – 102 C 227/13, SP 2014, 239). Teilweise wird ein solches auffälliges Missverhältnis zutreffend bereits bei 30 % bejaht (AG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2008 – 51 C 13089/07) und wäre erst Recht anzunehmen, wenn die Sachverständigenkosten sogar 50 % des erstattungsfähigen Fahrzeugschadens betragen (AG Köln, Urt. v. 1.7.2008 – 262 C 451/07).
Gegenüber dem eingeschalteten Sachverständigen kann nach h.M. aber der Einwand des überhöhten Honorars im Wege der dolo-agit-Einrede bzw. einer Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter erhoben werden (OLG Dresden, Urt. v. 19.2.2014 – 7 U 111/12; AG Bochum, Urt. v. 29.5.2008 – 67 C 275/07, SP 2009, 122; AG Frankfurt, Urt. v. 24.5.2011 – 31 C 414/11). Teilweise wird der Versicherer auch auf den Regress gegen den Sachverständigen verwiesen (OLG Naumburg, Urt. v. 20.1.2006 – 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029).
2. Umfrage des BVSK als Schätzungsgrundlage
Auch hier gibt es eine Verbandsumfrage, die regelmäßig bei Gericht als Schätzungsgrundlage anerkannt wird. Die Umfrage des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK) wird nach h.M. in der Rechtsprechung mit den dort enthaltenen Werten zur Bestimmung der üblichen Vergütung akzeptiert (LG Dortmund, Urt. v. 5.8.2010 – 4 S 11/10, NJW-RR 2011, 321; LG Baden-Baden, Urt. v. 6.7.2012 – 1 S 56/11, SP 2013, 86; LG Regensburg, Beschl. v. 26.7.2010 – 2 S 156/10, BeckRS 2011, 06604; LG München II, Urt. v. 7.12.2006 – 8 S 4561/06). Die Umfrage ist mit dem bundesweiten Ergebnis veröffentlicht. Auf Nachfrage kann aber auch für jedes Bundesland eine regionale Auswertung vom Verband vorgelegt werden. Innerhalb der Umfrage wird zwischen dem Grundhonorar, welches sich an der Schadenshöhe orientiert und den sich anschließenden Nebenkosten unterschieden. Teilweise wird auch die aufgrund der so genannten Gesprächsergebnisse des Sachverständigenverbands BVSK und der HUK-Coburg/Bruderhilfe erstellte Honorartabelle für Kfz-Sachverständige als eine taugliche Schätzungsgrundlage zur Bestimmung der ersatzfähigen Sachverständigenkosten akzeptiert (LG Münster, Urt. v. 21.12.2012 – 03 S 117/12, SP 2013, 260). Diese basiert bzgl. des Grundhonorars auch auf dem Umfrageergebnis des BVSK, pauschaliert aber die sich diesem Betrag anschließenden Nebenkosten.
Hinweis:
Auch hier gibt es aber ein paar Punkte zu beachten, bei denen in der Praxis eine Regulierung scheitern kann. Anerkannt ist jedenfalls, dass Nebenkosten, welche in der o.g. Umfrage des BVSK nicht erfasst werden, i.d.R. kritisch zu prüfen und im Zweifel nicht zu erstatten sind, da sie bereits vom Grundhonorar erfasst werden. Hierzu zählt insbesondere ein Aufschlag für die Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts, des Restwerts oder der Kalkulation der Reparaturkosten (LG Saarbrücken, Urt. v. 22.6.2012 – 13 S 37/12, zfs 2013, 25; LG Baden-Baden, Urt. v. 6.7.2012 – 1 S 56/11, SP 2013, 86; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 29.2.2012 – 8 S 2791/11; LG Rostock, Urt. v. 18.4.2013 – 1 S 225/11, DV 2013, 123).
Auch sind beispielsweise Fahrtkosten nachvollziehbar darzulegen und ggf. näher zu erläutern (AG Krefeld, Urt. v. 18.11.2014 – 6 C 244/14). Teilweise wird auch vertreten, dass das Grundhonorar bereits den Kern der Tätigkeit des Sachverständigen erfasst und daher die Nebenkosten in einem angemessenen Verhältnis zum Grundhonorar stehen müssen, welches i.d.R. bei 20–30 % liegen sollte (OLG Dresden, Urt. v. 19.2.2014 – 7 U 111/12; AG Arnsberg, Urt. v. 17.6.2009 – 3 C 99/09, SP 2010, 87).
Autoren: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht Dr. Michael Nugel und Rechtsanwalt Patrick Penders, Essen
ZAP 17/2015, S. 919 – 926