Eine Juristin, die sich während ihrer Referendarausbildung gegenüber ihren Ausbildern allzu "patzig" gezeigt hatte, darf nun nicht Rechtsanwältin werden. Dies hat jetzt in letzter Instanz der BGH entschieden, nachdem ihr zuvor die RAK Köln und der AGH NRW (vgl. dazu ZAP EN-Nr. 498/2016) die Zulassung versagt hatten.
Die 1982 geborene Klägerin bestand 2012 die zweite juristische Staatsprüfung. Zwei Jahre später, im Jahr 2014, stellte sie bei der örtlichen Anwaltskammer den Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die Kammer lehnte den Antrag jedoch wegen Unwürdigkeit i.S.d. § 7 Nr. 5 BRAO ab. Was war geschehen? Die Kammer griff auf Vorgänge zurück, die bereits etliche Jahre zurücklagen. So fühlte sich die Antragstellerin während ihrer staatsanwaltlichen Station zum Teil ungerecht beurteilt. Nachdem ihr Ausbilder es aber abgelehnt hatte, die Bewertung zu ändern, hatte sie ihrem Unmut mit einer E-Mail Luft gemacht, in der sie ihren Ausbilder "provinziell" nannte, der "nie aus seinem Kaff rausgekommen" sei. Diese E-Mail hatte Folgen: Auf die Strafanzeige des Ausbilders hin wurde die Referendarin wegen Beleidigung zu 60 Tagessätzen à 30 EUR verurteilt. Auch im Laufe dieses Strafverfahrens hielt sie sich rhetorisch nicht zurück. Der ermittelnden Staatsanwältin warf sie u.a. vor, von "der inneren Einstellung her" und auch "intellektuell" nicht in den Justizdienst zu gehören und empfahl ihr, mal "eine Grundstudiumsvorlesung" zu besuchen.
Die Staatsanwältin sah darüber hinweg, nicht jedoch die später mit dem Zulassungsantrag befasste Anwaltskammer. Diese sah die Gefahr, dass die Assessorin ihre Stellung als Rechtsanwältin und als Organ der Rechtspflege nicht zur ordnungsgemäßen Berufsausübung nutzen werde. Aus ihren unprofessionellen Äußerungen und dem respektlosen Umgang mit anderen ergebe sich zudem die Unfähigkeit, als Teil der Rechtspflege mit anderen, ggf. übergeordneten Organen adäquat zu agieren und die Funktion der Rechtspflege sicherzustellen.
Diese Argumentation wurde jetzt vom Anwaltssenat des BGH bestätigt (Beschl. v. 27.6.2016 – AnwZ (Brfg) 10/16, ZAP EN-Nr. 621/2016 – in diesem Heft). Dieser stellte, wie schon der AGH NRW, entscheidend darauf ab, dass die Assessorin keinerlei Einsicht nach den Vorfällen und auch während ihres Beleidigungsprozesses gezeigt habe. Fehlende Einsicht stehe jedoch einer günstigen Prognose stets entgegen.
Patzigen Referendaren, die mit ähnlichen Schwierigkeiten bei der Anwaltszulassung rechnen müssen, kann daher wohl nur geraten werden, rechtzeitig "Einsicht" zu zeigen.
[Quelle: BGH]
ZAP, S. 884–888