Das Erste Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften aufgrund europäischer Rechtsakte (Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz – 1. FiMaNoG) vom 30.6.2016 (BGBl I S. 1514) dient der Verankerung der nachfolgend genannten EU-Rechtsakte im deutschen Recht. Diese bezwecken eine Verbesserung der Kapitalmarktransparenz und -integrität und des Anlegerschutzes.
Praxishinweis:
Bei der Rechtsanwendung ist zu beachten, dass sich die Rechtslage i.d.R. nicht allein aus u.a. Verordnungen (Buchst. a–c) ergibt. Vielmehr ist das im Einzelfall jeweils einschlägige deutsche Gesetz heranzuziehen, z.B. im Falle des Marktmissbrauchs neben der Marktmissbrauchsverordnung (einschließlich der EU-Durchführungsbestimmungen) das geänderte WpHG (s.u. II. 1.).
a) Marktmissbrauchsrichtlinie 2014/57/EU und Marktmissbrauchsverordnung (EU) Nr. 596/2014
Die Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie) (ABl L 173 v. 12.6.2014, S. 179) und die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl L 173 v. 12.6.2004, S. 1; dazu Däschler ZfgK 2016, 438) lösen die Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG ab, die hier bisher als sedes materiae des EU-Rechts fungierte. Sie dienen der Anpassung der Marktmissbrauchsregulierung an aktuelle Entwicklungen (z.B. Hochfrequenzhandel) im Börsen- und Wertpapierhandel, erweitern die Meldepflichten für Emittenten und die Überwachungsbefugnisse der Aufsichtsbehörden und vereinheitlichen das Sanktionsinstrumentarium bei Insiderhandel und Marktmanipulation. Die Richtlinie 2014/57/EU war bis zum 3.7.2016 in nationales Recht umzusetzen, die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 ist zeitgleich – ab dem 3.7.2016 – anzuwenden. Die meisten Bestimmungen der Verordnung sind direkt anwendbar, die Vorgaben zu Aufsichts- und Sanktionsbefugnissen bedürfen der Umsetzung.
b) Zentralverwahrer-Verordnung (EU) Nr. 909/2014
Die Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 (ABl L 257 v. 28.8.2014, S. 1) ist am 17.9.2014 in Kraft getreten. Sie enthält vereinheitlichte Anforderungen für Lieferung und Abrechnung von Finanzinstrumenten, Vorgaben für Organisation und Geschäftsgebaren von Zentralverwahrern sowie für deren Zulassung, Beaufsichtigung und Sanktionierung. Sie soll der Förderung einer sicheren und reibungslosen Lieferung und Abrechnung dienen.
c) PRIIP-Verordnung (EU) Nr. 1286/2014
Die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.11.2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsprodukte (PRIIP; s. ABl L 352 v. 9.12.2014, S. 1; L 358 v. 13.12.2014, S. 50) umfasst einheitliche Anforderungen an die Informationen, die Kleinanlegern beim Vertrieb von – auf diese Investorengruppe abzielenden – "verpackten" Anlageprodukten und Versicherungsanlageprodukten (PRIIP, Abkürzung für die englische Bezeichnung Packaged Retail and Insurance-based Investment Products) zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Verordnung harmonisiert die Anforderungen an Inhalt und Form dieser Informationsblätter. Als "verpackt" gelten "alle Anlageprodukte und -verträge, bei denen das Geld der Kunden statt direkt nur indirekt am Kapitalmarkt angelegt oder deren Rückzahlungsanspruch auf andere Weise an die Wertentwicklung bestimmter Papiere oder Referenzwerte gekoppelt ist" und die daher einem – z.T. erheblichen – Anlagerisiko unterliegen, z.B. strukturierte Finanzprodukte, etwa Optionsscheine, die in Versicherungen, Wertpapieren oder Bankprodukten "verpackt" sind (BaFin Journal, August 2015, S. 32 f.).
Hinweis:
Die Verordnung ist am 29.12.2012 in Kraft getreten und ab dem 31.12.2016 anwendbar.