Bei den Fallgruppen in § 290 Abs. 1 Nr. 1–7 InsO handelt es sich um eine enumerative Aufzählung von Verhaltensweisen des Schuldners, die zu einer vorzeitigen Versagung der Restschuldbefreiung führen können. Auf andere als die dort genannten Gründe kann ein Versagungsantrag nicht gestützt werden.
a) Insolvenzstraftaten (§ 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO)
§ 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO setzt für eine Versagung der Restschuldbefreiung voraus, dass der Schuldner rechtskräftig wegen Bankrotts (§ 283 StGB), Bankrotts in besonders schwerem Fall (§ 283a StGB), Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b StGB) oder Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde. Damit soll die Versagung wegen Bagatellstraftaten vermieden werden (Laroche/Siebert NZI 2014, 541, 545). Zur Begrenzung des Tatbestands hat der Gesetzgeber ferner eine Frist von fünf Jahren eingeführt. Die Regelung kodifiziert die bisherige Rechtsprechung, die sich insoweit an den Löschungsfristen im Bundeszentralregister orientiert hat (vgl. BT-Drucks 17/11268, S. 26).
Altverfahren, vor dem 1.7.2014 beantragte Insolvenzverfahren:
§ 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO a.F. nennt als Versagungsgrund ebenfalls die rechtskräftige Verurteilung des Schuldners wegen §§ 283–283c StGB. Eine zeitliche Grenze für die Berücksichtigung rechtskräftiger Verurteilungen zu Insolvenzstraftaten sieht § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht vor. Wendet man die Vorschrift streng nach ihrem Wortlaut an, wäre jede Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, bei der Entscheidung über die Restschuldbefreiung zu berücksichtigen. Dies ist zu weitgehend, weil dabei auch der im Rahmen des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unberücksichtigt bliebe. Vielmehr muss es Einschränkungen bei der Verwertung früherer Verurteilungen geben (OLG Celle ZInsO 2000, 667, 668 = NZI 2000, 155 = NdsRpfl. 2001, 86; OLG Celle ZInsO 2001, 414, 416). Als zeitliche Grenze der Verwertbarkeit ist der Ablauf der Tilgungsfristen im Bundeszentralregister zu beachten.
b) Unrichtige oder unvollständige Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO)
Da nur ein redlicher Schuldner Restschuldbefreiung erlangen soll, stellt es einen Versagungsgrund dar, wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor Insolvenzantragstellung oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, um Sozialleistungen oder andere Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder um Steuerzahlungen oder andere Leistungen an öffentlichen Kassen zu vermeiden (BR-Drucks 1/92, S. 190, 191). Antragsberechtigt ist jeder Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, und nicht nur der vom Verhalten konkret Betroffene (BGH NZI 2007, 357).
c) Wiederholter Restschuldbefreiungsantrag (§ 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO a.F.)
Die Regelung gilt nur noch für Verfahren, die vor dem 1.7.2014 beantragt worden sind. § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist durch Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte mit Wirkung zum 1.7.2014 aufgehoben worden; die Streichung folgt aus der Einfügung des § 287a InsO.
Nach der nur noch für Altverfahren geltenden Vorschrift ist die Ankündigung der Restschuldbefreiung gem. § 291 InsO nicht möglich, wenn dem Schuldner in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits eine Restschuldbefreiung erteilt oder diese nach §§ 296, 297 InsO versagt wurde. Dadurch soll einem Missbrauch des Insolvenzverfahrens als ein Mittel zur wiederholten Reduzierung der Schuldenlast vorgebeugt werden (Arnold DGVZ 1996, 65, 68; krit. Bindemann, Handbuch Verbraucherinsolvenz, S. 158 Rn 211).
d) Verschwenderischer Lebensstil (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO)
Für eine natürliche Person besteht keine Insolvenzantragspflicht. Aus diesem Grunde erfüllt die Verzögerung eines Insolvenzantrags noch nicht den Tatbestand der Norm (AG Göttingen NZI 2015, 40; vgl. ferner BGH NZI 2012, 330). Sanktioniert werden sollen missbräuchliche Verhaltensweisen des Schuldners, die zu einer Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger geführt haben. Die Benachteiligung muss tatsächlich eingetreten sein (BGH NZI 2006, 413; AG Köln NZI 2007, 250). Die Vorschrift erfasst vor allem Schuldner, die rücksichtslos Schulden machen oder ihre Verschuldung mutwillig mit dem Ziel herbeiführen, Restschuldbefreiung zu erlangen (Uhlenbruck/Sternal, a.a.O., § 290 Rn 66). Die verzweifelte Krisensituation schließt den Zurechnungszusammenhang des leichtfertigen Verhaltens grundsätzlich nicht aus. Der Umstand, dass der Schuldner es unterlässt, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, wird von der Regelung des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO allerdings nicht erfasst. Geschäftliche Fehldispositionen, wie sie sich zwangsweise aus dem Unternehmerrisiko ergeben, führen ebenfalls nicht zu einer Versagung der Restschuldbefreiung (vgl. LG München BB 1955, 331; Heidland KTS 1968, 81, 90).
Durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte ist der für die Versagung maßgebliche Zeitraum von einem Jahr...