Restschuldbefreiung nach Maßgabe der §§ 286 ff. InsO kann nur eine natürliche Person erlangen, unabhängig von ihrer sozialen Stellung oder Herkunft. Einer Erstreckung der Wirkungen der Restschuldbefreiung auf juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit bedurfte es nicht. Denn bei juristischen Personen führt das Insolvenzverfahren zur Auflösung (§ 42 Abs. 1 S. 1 BGB, § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, § 101 GenG) und regelmäßig auch zur Löschung im Handelsregister. Entsprechendes gilt für Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, wenn kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (§ 131 HGB), weil das den Gläubigern haftende beschränkte Vermögen regelmäßig durch das Verfahren selbst aufgezehrt ist.

 

Hinweis:

Mit Hilfe der Restschuldbefreiung können sich nicht nur Verbraucher, sondern auch unternehmerisch tätige Schuldner, verschuldete Freiberufler und andere selbstständig tätige natürliche Personen von ihren Verbindlichkeiten befreien. Auf diese Möglichkeit soll das Gericht den Schuldner unmittelbar nach der Prüfung der Zulässigkeit des Insolvenzantrags hinweisen. Aufgrund des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte v. 15.7.2013 (BGBl I, S. 2379) wurde die Belehrungspflicht auf den Zeitpunkt der Prüfung der Zulässigkeit des Insolvenzantrags vorverlegt (BT-Drucks 14/5680 S. 24/25).

Unterschiede zwischen den einzelnen Personengruppen bestehen lediglich hinsichtlich des vorgeschalteten Insolvenzverfahrens. So unterliegt eine natürliche Person, die selbstständig wirtschaftlich tätig ist, ausschließlich den Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens, während ein Schuldner, der keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, das Verbraucherinsolvenzverfahren zu durchlaufen hat, um Restschuldbefreiung zu erlangen. Besonderheiten gelten für denjenigen Schuldner, der eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat (vgl. § 304 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 InsO).

Die Vorlage eines Nullplans im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren (§§ 307 ff. InsO) steht der vom Schuldner angestrebten Restschuldbefreiung im Falle des Scheiterns des Plans nicht entgegen (vgl. BGH NZI 2014, 34). Die Insolvenzordnung setzt – sieht man von der vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO ab – keine bestimmte Mindestquote als Ergebnis einer konkursmäßigen Befriedigung voraus (vgl. BGHZ 134, 79, 91 ff.).

1. Vorrang des Insolvenzverfahrens

Die Erteilung der Restschuldbefreiung nach Maßgabe der §§ 286 ff. InsO setzt die Durchführung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Person voraus, die Restschuldbefreiung beantragt hat (vgl. § 289 InsO; OLG Köln ZIP 2000, 548, 549; Uhlenbruck/Sternal, InsO, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn 45). Kommt es nicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder wird das Verfahren gem. §§ 207, 212 oder § 213 InsO eingestellt, finden die Vorschriften über die Restschuldbefreiung keine Anwendung.

Da zwingende Voraussetzung für die Erteilung der Restschuldbefreiung ein vorangegangenes Insolvenzverfahren über das eigene Vermögen des Schuldners ist, kann der Ehepartner oder der Lebensgefährte eines Schuldners, der wirksam die Mithaftung für dessen Verbindlichkeiten übernommen hat, von dieser Haftung nur befreit werden, wenn er selbst ein Verfahren zur Erlangung der Restschuldbefreiung mit Erfolg durchläuft (Uhlenbruck/Sternal, a.a.O., Vor § 286 Rn 5). Auch der persönlich haftende Gesellschafter wird bei einem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nicht von seiner Mithaftung (vgl. §§ 128, 161 HGB) befreit. Restschuldbefreiung erlangt er nur dann, wenn er selbst ein Insolvenzverfahren über sein eigenes Vermögen durchläuft.

Durch die Einführung des Stundungsmodells durch das InsOÄG 2001 v. 26.10.2001 (BGBl I, S. 2710; vgl. dazu auch Pape ZAP F. 14, S. 409 ff.) kommt nach einer Bewilligung der Stundung (§ 4a Abs. 1 S. 1 InsO) eine Abweisung mangels Masse gem. § 26 InsO nicht mehr in Betracht. Ebenso scheidet eine Einstellung des Verfahrens mangels Kostendeckung nach § 207 InsO aus. Da die meisten Verfahren verschuldeter natürlicher Personen sog. Nullmasse-Verfahren sind, spielt das insolvenzrechtliche Ziel der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung praktisch keine Rolle mehr. Vielmehr werden diese Verfahren nach entsprechender Stundung der Verfahrenskosten nur um ihrer selbst willen eröffnet, damit der Schuldner die Zugangsberechtigung zur Restschuldbefreiung erhält (Pape ZVI 2002, 225).

2. Redlichkeit des Schuldners

§ 1 S. 2 InsO ordnet als eines der Verfahrensziele der Insolvenzordnung an, dass nur der redliche Schuldner Gelegenheit erhalten soll, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien. Die Redlichkeit der natürlichen Person ist damit gleichzeitig ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung des § 286 InsO (Uhlenbruck/Sternal, a.a.O., § 286 Rn 1, 16).

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