Das Restschuldbefreiungsverfahren als „freiwilliges Verfahren“ (Krug, Der Verbraucherkonkurs, S. 59) setzt zwingend einen Antrag des Schuldners voraus. Außer dem Schuldner persönlich kann nur sein gesetzlicher oder gewillkürter Vertreter in seinem Namen den Antrag stellen (Delhaes, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2009, S. 103 Rn 19). An den Antrag sind keine besonderen inhaltlichen Anforderungen zu stellen. Er kann nur schriftlich gestellt werden; ihm ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen (§ 13 Abs. 1 S. 3 InsO). Im Verbraucherinsolvenzverfahren hat sich der Schuldner allerdings des amtlichen Vordrucks zu bedienen (s. http://www.justiz.de/formulare/zwi_bund/vinsolvenz.pdf ), dessen Verwendung seit dem 1.3.2002 obligatorisch ist (VbrInsVV v. 22.2.2002, BGBl I, S. 703).
Praxishinweis:
Der strenge Formularzwang des Verbraucherinsolvenzverfahrens in § 305 Abs. 5 S. 2 InsO erfasst die in Abs. 1 Nr. 1–3 vorgeschriebenen Unterlagen und den Allgemeinen Teil des Schuldenbereinigungsplans (Anlage 7) und die Anlage 7B. Für den eigentlichen Insolvenzantrag hat sich der Schuldner ebenfalls des amtlichen Formulars zu bedienen. Bei Nichtbeachtung des Formularzwangs besteht die Gefahr der Rücknahmefiktion des Antrags nach Maßgabe des § 305 Abs. 3 InsO.
1. Keine Restschuldbefreiung ohne eigenen Insolvenzantrag
§ 287 Abs. 1 S. 1 InsO stellt unmissverständlich klar, dass der Schuldner ohne Eigenantrag weder im Regel- noch im Verbraucherinsolvenzverfahren Restschuldbefreiung erlangen kann (BGH NZI 2005, 271; BGH ZInsO 2009, 1171). Die Verknüpfung von Eigeninsolvenzantrag und Restschuldbefreiungsantrag hat ihren Sinn darin, dass der Schuldner in seinem Eigenantrag den Eröffnungsgrund einräumt und sich bereit erklärt, sein verbleibendes Vermögen den Gläubigern zur gemeinschaftlichen Befriedigung zur Verfügung zu stellen (Ganter NZI 2005, 241, 249; Vallender, in: Festschrift für W. Gerhardt, 2004, S. 1010).
2. Hinweis auf Restschuldbefreiung
Fügt ein Schuldner seinem Eigenantrag nicht unmittelbar den Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung bei, hat das Gericht ihn darauf hinzuweisen, dass er nach Maßgabe der §§ 286–303 InsO Restschuldbefreiung erlangen kann (§ 20 Abs. 2 InsO). Der Insolvenzschuldner soll nicht die Restschuldbefreiungsmöglichkeit aus Rechtsunkenntnis einbüßen (BGH ZInsO 2005, 310). Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis zu stellen (§ 287 Abs. 1 S. 2 InsO). Eine Verlängerung der Frist und Wiedereinsetzung sind nicht möglich, weil es sich nicht um eine Notfrist i.S.d. § 224 Abs. 1 ZPO handelt (BGH NZI 2009, 120). Im Verbraucherinsolvenzverfahren ist der Restschuldbefreiungsantrag ohnehin gem. § 305 Abs. 1 Nr. 2 InsO schriftlich als Bestandteil des amtlichen Formulars (§ 305 Abs. 5 InsO) zu stellen.
Praxishinweis:
Aus Gründen anwaltlicher Vorsicht empfiehlt es sich, dem Regelinsolvenzantrag sogleich den Restschuldbefreiungsantrag beizufügen. Die Zwei-Wochen-Frist des § 287 Abs. 1 S. 2 InsO beginnt allerdings auch nach einem Hinweis des Gerichts gem. § 20 Abs. 2 InsO nicht zu laufen, solange ein Eigeninsolvenzantrag nicht gestellt ist (BGH NZI 2004, 593). Um etwaige Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, sollten Schuldner bei einem vorangegangenen Gläubigerantrag und einem unklaren Hinweis des Gerichts gem. § 20 Abs. 2 InsO in jedem Fall innerhalb der Zwei-Wochen-Frist neben dem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung einen eigenen Insolvenzantrag stellen. Aus Vorsichtsgründen sollte die Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO mit diesen Anträgen verbunden werden. Dies gilt umso mehr, als einige Gerichte die Frist des § 287 Abs. 1 S. 2 InsO für einen Antrag auf Restschuldbefreiung nur gewahrt sehen, wenn auch die Abtretungserklärung fristgerecht eingeht (AG Duisburg ZVI 2002, 289).
3. Folgen der Fristversäumung (§§ 287 Abs. 1 S. 2, 20 Abs. 2 InsO)
Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, welche Folgen an die Versäumung der Zwei-Wochen-Frist gem. § 287 Abs. 1 S. 2 InsO geknüpft sind. Da der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 287 Abs. 1 InsO eine Annäherung des Regelinsolvenzverfahrens und des Verbraucherinsolvenzverfahrens im Hinblick auf die Restschuldbefreiung anstrebt, kann die Fristversäumung nicht sanktionslos bleiben. Der Antrag des Schuldners auf Erteilung von Restschuldbefreiung, der nicht sogleich mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden oder nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gem. § 20 Abs. 2 InsO gestellt wird, ist als unzulässig zurückzuweisen. Die Entscheidung des Insolvenzgerichts ist in diesem Falle bereits vor dem Schlusstermin zulässig und i.d.R. auch geboten (OLG Köln ZInsO 2000, 334; OLG Zweibrücken ZInsO 2002, 287, 288).
Fehlerhafte, unvollständig oder verspätet erteilte Hinweise des Gerichts gem. § 20 Abs. 2 InsO setzen nach höchstrichterlichem Verständnis die Zwei-Wochen-Frist nicht in Lauf (BGH WM 2015, 1642 Rn 20; BGH NZI 2005, 271, 272). Bei unterlassener oder wirkungsloser Belehrung ist der Schuldner befugt, auch nach der Eröffnungsentscheidung einen isolierten Restschuldbefreiungsantrag zu stellen. Wird das Insolvenzverfahren auf einen Gläubigeran...