Die Insolvenzordnung enthält sechs Vorschriften, die abschließend die Versagung der Restschuldbefreiung regeln (§§ 290, 296, 297, 297a, 298, 300 Abs. 3 InsO). Die Regelungen der §§ 290, 295, 297, 297a InsO konkretisieren den Begriff der Redlichkeit des Schuldners (Graf-Schlicker/Kexel, InsO, 4. Aufl. 2014, § 290 Rn 1). Die Vorschriften sollen dazu beitragen, dass der Zielsetzung des § 1 S. 2 InsO entsprechend nur redliche Schuldner, die sich ihren Gläubigern gegenüber nichts haben zuschulden kommen lassen, Restschuldbefreiung erlangen (BGH NJW 2009, 3650). Anders als §§ 295, 297 InsO normiert § 290 InsO auch vorinsolvenzliche Verantwortlichkeiten. Die Versagung der Restschuldbefreiung setzt einen zulässigen und begründeten Antrag eines Insolvenzgläubigers voraus (BGH NZI 2003, 389). Eine Versagung von Amts wegen sieht das Gesetz nicht vor. Der antragstellende Gläubiger kann den Versagungsantrag bis zur Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses über die Versagung der Restschuldbefreiung zurücknehmen (BGH NZI 2010, 780; AG Göttingen 2016, 174).
1. Zulässigkeit des Versagungsantrags
Altverfahren, vor dem 1.7.2014 beantragte Insolvenzverfahren:
Ein zulässiger Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 1 InsO a.F. konnte nur im Schlusstermin oder binnen einer Frist im schriftlichen Verfahren gestellt werden. Ein zuvor schriftlich gestellter Antrag war als bloße Ankündigung eines Versagungsantrags zu verstehen. Sah der Gläubiger davon ab, den Antrag erneut zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt zu stellen, war er unbeachtlich und daher nicht zu bescheiden.
Nach dem nunmehr geltenden Recht kann der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 2 InsO angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts von allen Insolvenzgläubigern, die ihre Forderung angemeldet haben, bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 InsO und damit während des gesamten eröffneten Verfahrens schriftlich gestellt werden. Unerheblich ist, dass deren angemeldete Forderungen bestritten worden sind oder der Schuldner ihnen widersprochen hat (BGH ZInsO 2015, 2233). Dagegen steht einem Gläubiger, der keine Forderungen zur Tabelle angemeldet hat, kein Recht zur Stellung eines Versagungsantrags zu (BGH NZI 2015, 132). Dies gilt gleichermaßen für Neugläubiger (AG Göttingen ZInsO 2015, 1026).
Praxishinweis:
Für die Gläubiger stellt die Neufassung der Vorschrift in mehrerer Hinsicht eine Vergünstigung dar. So können sie bei Kenntnis des Vorliegens eines Versagungstatbestandes nach Maßgabe des § 290 Abs. 1 InsO einen Versagungsantrag stellen, ohne im Schlusstermin anwesend sein oder auf die Anberaumung der Antragfrist warten zu müssen. Darüber hinaus ermöglicht eine frühere Antragstellung die rechtzeitige Nachbesserung eines zunächst unvollständigen Antrags (Laroche/Siebert NZI 2014, 541, 543).
2. Versagungstatbestände
Bei den Fallgruppen in § 290 Abs. 1 Nr. 1–7 InsO handelt es sich um eine enumerative Aufzählung von Verhaltensweisen des Schuldners, die zu einer vorzeitigen Versagung der Restschuldbefreiung führen können. Auf andere als die dort genannten Gründe kann ein Versagungsantrag nicht gestützt werden.
a) Insolvenzstraftaten (§ 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO)
§ 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO setzt für eine Versagung der Restschuldbefreiung voraus, dass der Schuldner rechtskräftig wegen Bankrotts (§ 283 StGB), Bankrotts in besonders schwerem Fall (§ 283a StGB), Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b StGB) oder Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde. Damit soll die Versagung wegen Bagatellstraftaten vermieden werden (Laroche/Siebert NZI 2014, 541, 545). Zur Begrenzung des Tatbestands hat der Gesetzgeber ferner eine Frist von fünf Jahren eingeführt. Die Regelung kodifiziert die bisherige Rechtsprechung, die sich insoweit an den Löschungsfristen im Bundeszentralregister orientiert hat (vgl. BT-Drucks 17/11268, S. 26).
Altverfahren, vor dem 1.7.2014 beantragte Insolvenzverfahren:
§ 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO a.F. nennt als Versagungsgrund ebenfalls die rechtskräftige Verurteilung des Schuldners wegen §§ 283–283c StGB. Eine zeitliche Grenze für die Berücksichtigung rechtskräftiger Verurteilungen zu Insolvenzstraftaten sieht § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht vor. Wendet man die Vorschrift streng nach ihrem Wortlaut an, wäre jede Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, bei der Entscheidung über die Restschuldbefreiung zu berücksichtigen. Dies ist zu weitgehend, weil dabei auch der im Rahmen des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unberücksichtigt bliebe. Vielmehr muss es Einschränkungen bei der Verwertung früherer Verurteilungen geben (OLG Celle ZInsO 2000, 667, 668 = NZI 2000, 155 = NdsRpfl. 2001, 86; OLG Celle ZInsO 2001, 414, 416). Als zeitliche Grenze der Verwertbarkeit ist der Ablauf der Tilgungsfristen im Bundeszentralregister zu beachten.
b) Unrichtige oder unvollständige Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO)
Da nur ein redlicher Schuldner Restschuldbefreiung erlangen soll, stellt es einen Versagungsgrund dar, ...