Während der sog. Wohlverhaltensperiode muss sich der Schuldner durch das Erfüllen der in § 295 InsO geregelten Obliegenheiten die Restschuldbefreiung „verdienen“. Die Verletzung der Verhaltensnormen kann bei einem entsprechenden Antrag eines Insolvenzgläubigers zur vorzeitigen Versagung der Restschuldbefreiung führen.
1. Obliegenheiten gem. § 295 InsO
§ 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO normiert die bedeutsamsten Obliegenheiten des Schuldners. Wesentlicher Unterschied zur Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO ist die bei der Versagung gem. § 295 InsO erforderliche Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung nach § 296 Abs. 1 S. 1 InsO: Der Gesetzgeber verlangt vom Schuldner, dass er sich nach besten Kräften bemühen soll, während der Dauer der Wohlverhaltensperiode seine Gläubiger so weit wie möglich zu befriedigen, um anschließend endgültig von seinen restlichen Verbindlichkeiten befreit zu werden (BR-Drucks 1/92, S. 192, 193). Dabei ist während dieser Zeit das pfändbare Arbeitseinkommen des Schuldners die wesentliche Grundlage der Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Dazu hat der Schuldner vor allem seine Arbeitskraft einzusetzen. Hat sich allerdings ein arbeitsloser Schuldner nach besten Kräften vergeblich bemüht, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, steht der Umstand, dass während der (restlichen) Laufzeit der Abtretungserklärung keine pfändbaren Bezüge an die Gläubiger verteilt werden konnten, der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht entgegen. Das Risiko der Arbeitslosigkeit trifft mithin die Insolvenzgläubiger. Allerdings sind vom arbeitslosen Schuldner eigene Bemühungen zu fordern. Zwei bis drei Bewerbungen pro Woche können vom Schuldner verlangt werden (BGH NZI 2011, 596).
Als weitere Obliegenheit hat der Schuldner Vermögen, welches er von Todes wegen erwirbt, an den Treuhänder zur Hälfte des Wertes herauszugeben (Abs. 1 Nr. 2). Es wäre unbillig, einem Schuldner, der während der Wohlverhaltensperiode als Erbe Vermögen erlangt, die Restschuldbefreiung zu gewähren, ohne dass er dieses Vermögen antasten müsste. Die Regelung soll aber gleichzeitig verhindern, dass der Schuldner durch Ausschlagung oder ähnliche Handlungen zu vereiteln versucht, dass dieses Vermögen der Gläubigerbefriedigung überhaupt zugutekommt (BR-Drucks 1/92, S. 192).
Während die in § 295 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO normierten Obliegenheiten eine optimale Befriedigung der Insolvenzgläubiger sicherstellen sollen, tragen die in Abs. 1 Nr. 3 aufgeführten Obliegenheiten dazu bei, die Kontrolle der Erfüllung der übrigen Verhaltenspflichten für das Insolvenzgericht und den Treuhänder zu erleichtern. Die in Abs. 1 Nr. 4 aufgeführten Obliegenheiten betonen den Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger. Die Regelung soll dazu beitragen, dass die Aktivitäten des Schuldners zur Gläubigerbefriedigung allen Gläubigern zugute kommen. Auch die Regelung in § 295 Abs. 2 InsO soll sicherstellen, dass sich der Schuldner nach besten Kräften bemüht, seine Gläubiger während der Wohlverhaltensperiode so weit als möglich zu befriedigen. Nur dann erscheint er würdig, das „Privileg“ der Restschuldbefreiung zu erhalten (krit. zu § 295 Abs. 2 InsO: Arnold DGVZ 1996, 65, 69; Döbereiner, Restschuldbefreiung nach InsO, S. 157, 158; Scholz DB 1996, 765, 769; Vallender VuR 1997, 155, 159).
Hinweis:
Die Vorschrift des § 295 Abs. 2 InsO, die es dem Schuldner erlaubt, eine selbstständige Tätigkeit auszuüben, birgt die Gefahr in sich, dass ein in der Wohlverhaltensperiode wirtschaftlich erfolgreicher Unternehmer legal die Möglichkeit erhält, beispielsweise durch die Ausnutzung handelsrechtlicher Auswahlrechte (§§ 252 ff. HGB) seinen Gewinn auf den minimal erforderlichen Betrag zu beschränken, um auf diese Weise die Gläubigerbefriedigung auf Null zurückzuführen (Prziklang, Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung, S. 75).
2. Versagungsvoraussetzungen
Die Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 296 InsO vor Ablauf der Wohlverhaltensperiode ist an bestimmte formelle Voraussetzungen gebunden. Zunächst bedarf es des entsprechenden Antrags eines Insolvenzgläubigers, der im Schlussverzeichnis aufgeführt ist (BGH NZI 2011, 640). Den Versagungsantrag kann der Gläubiger nicht unbefristet geltend machen. Vielmehr ist der Antrag gem. § 296 Abs. 1 S. 2 InsO innerhalb eines Jahres seit dem Bekanntwerden des Versagungsgrundes zu stellen.
Nur Obliegenheitsverletzungen während der Treuhandzeit können zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen (Vallender ZIP 2000, 1288, 1290). Dieser Zeitraum beginnt nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Anschluss an die Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung, §§ 287 Abs. 2 S. 1, 289 Abs. 2 S. 2 InsO. Eine Versagung der Restschuldbefreiung wegen Obliegenheitsverletzungen des Schuldners während des Eröffnungsverfahrens und des Insolvenzverfahrens, die § 290 Abs. 1 InsO unterfallen, kann ein Insolvenzgläubiger nicht mit Erfolg geltend machen. Der antragstellende Insolvenzgläubiger hat im Einzelnen den Verstoß des Schuldners gegen seine Obliegenheiten i.S....