1 Pensionswelle beunruhigt Justiz und Polizei
Die auf Polizei und Justiz in den nächsten Jahren hereinbrechende Pensionswelle gefährdet nach Auffassung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und des Deutschen Richterbundes (DRB) die "Stabilität des deutschen Rechtsstaats". In einer gemeinsamen Pressekonferenz forderten die Vorsitzenden der beiden Berufsverbände Oliver Malchow und Jens Gnisa die politischen Entscheider in Bund und Ländern dazu auf, Polizei und Justiz unmittelbar und vorbehaltlos zu stärken.
Die schon heute sehr angespannte Situation werde sich in den kommenden 10 bis 15 Jahren noch verschärfen, denn auf die deutsche Justiz rolle eine gewaltige Pensionierungswelle zu, hieß es. Rund 40 % aller Juristen würden bundesweit bis 2030 aus dem Dienst ausscheiden, die Justiz etwa 10.000 Richter und Staatsanwälte verlieren. Gleichzeitig drängten aber immer weniger Nachwuchsjuristen in die Justiz. Eine vorbeugende Personalpolitik müsse jetzt, und nicht erst in zehn Jahren beginnen. Wenn die Politik hier nicht aktiv werde, drohe der Rechtsstaat zu erodieren. Deutliche Warnsignale zeigten sich schon heute. Besonders alarmierend sei, dass die Gerichte zuletzt immer wieder Angeklagte aus der Untersuchungshaft haben entlassen müssen, weil Strafverfahren unvertretbar lange dauerten.
Auch bei der Polizei sei mit Blick auf die sehr angespannte Personalsituation trotz aller Beteuerungen von Politikern und Parlamentariern keine entscheidende Trendwende absehbar. So würden nach GdP-internen Berechnungen im Zeitraum von 2017 bis 2021 etwa 56.000 künftige Polizistinnen und Polizisten nach ihrer dreijährigen Ausbildung den polizeilichen Dienststellen zur Verfügung stehen. Demgegenüber schieden bis 2021 etwa 44.000 Kolleginnen und Kollegen aus dem Polizeidienst aus, die vor allem in den Ruhestand gehen. Das rechnerische Plus von 12.000 neuen Beamten in den nächsten Jahren käme den Bundesländern jedoch kaum zugute, denn rund 6.500 dieser Neuzugänge seien für die Bundespolizei und das BKA eingeplant.
Verhalten begrüßt wurde seitens der beiden Verbände, dass die Justizminister der Länder kürzlich selbst das Problem aufgegriffen und mehr Personal versprochen haben (vgl. dazu auch ZAP Anwaltsmagazin 14/2017, S. 722). Auch Bundesjustizminister Maas sprach das Thema an: In einem Beitrag für die Saarbrücker Zeitung kritisierte er, dass die derzeit geringen Aufklärungsquoten und hohen Einstellungszahlen auch die "fatale Folge einer falschen Sparpolitik" und der "Ideologie des schlanken Staates" seien. Den Rechtsstaat gebe es eben nicht zum "Nulltarif", so das Fazit des Ministers.
[Quellen: DRB/BMJV]
2 Anwaltverein kritisiert Gesichtserkennung in Bahnhöfen
Mit Blick auf den kürzlich erfolgten Start des Pilotprojekts Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz hat der Deutsche Anwaltverein (DAV) vor dem Einsatz solcher Systeme an öffentlichen Plätzen gewarnt. Der DAV bezweifelt, dass dies den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht; es gebe keine Rechtsgrundlage für diese Maßnahme, so DAV-Präsident Ulrich Schellenberg.
An dem Testlauf in Berlin sind das Bundesinnenministerium, die Deutsche Bahn, die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt beteiligt. Die rechtlichen Bedenken des DAV richten sich allerdings nicht gegen diesen sechsmonatigen Testbetrieb, sondern gegen einen möglichen späteren Einsatz der Gesichtserkennung im Echt-Betrieb.
Wenn massenhaft Gesichter von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern an Bahnhöfen gescannt werden, dann greife der Staat schwerwiegend in Grundrechte ein, mahnt der DAV. Dieses Scannen führe zu einem nicht hinnehmbaren Gefühl des Überwachtwerdens und der Einschüchterung. Das Bundesverfassungsgericht habe in mehreren Entscheidungen ausdrücklich vor derartigen Effekten gewarnt, so beispielsweise in dem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung oder im Urteil zum automatisierten Erfassen von Kfz-Kennzeichen.
"Die Gesichtserkennung und die jüngsten Sicherheitsgesetze stellen eine verfassungsrechtlich brisante Kombination dar", so Schellenberg. So sollen nach dem neuen Pass- und Personalausweisgesetz künftig Polizeibehörden, das Bundesamt für Verfassungsschutz, die Landesämter für Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst im automatisierten Verfahren biometrische Passbilder abrufen dürfen.
Nach Ansicht des DAV gibt es derzeit keine Rechtsgrundlage, die eine Gesichtserkennung an öffentlichen Orten rechtfertigt. Angesichts dieser neuen technischen und rechtlichen Möglichkeiten stelle sich die Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage das massenhafte Scannen von Gesichtern gerechtfertigt werde. Darüber hinaus gibt es nach Ansicht des DAV zahlreiche weitere offene Fragen, etwa dazu, wann und bei welchem Personenkreis – Hooligans, sog. Gefährder oder nur zur Fahndung ausgeschriebene Personen – das eingesetzte System konkret anschlagen soll.
[Quelle: DAV]
3 Reformbedarf im Abstammungsrecht
Im Juli haben die Experten des Arbeitskreises Abstammungsrecht offiziell ihren Abschlussbericht an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas übergeben. Dieser hatte den Arbeitskreis vor zwei Jahren einge...