Der Wegfall der Verfahrensstandschaft oder der alleinigen gesetzlichen Vertretung hat zur Folge, dass der bisher berechtigte Elternteil weder laufenden Unterhalt noch die bisher aufgelaufenen Unterhaltsrückstände mehr geltend machen kann (BGH FamRZ 2013, 1378; OLG Köln FamFR 2013, 92; OLG Rostock FamRZ 2012, 890; OLG Frankfurt NZFam 2014, 31; OLG Koblenz FamRZ 2015, 1902 = MDR 2015, 836; OLG Bamberg FamRZ 2014, 2014; Büte/Poppen/Menne, a.a.O., § 1629 Rn 7; Schmitz, in: Wendl/Dose, a.a.O., § 10 Rn 47 m.w.N.).
Hinweise:
Eine vergleichbare verfahrensrechtliche Situation ergibt sich beim sog. Obhutswechsel, wenn das minderjährige Kind zum anderen Elternteil wechselt. Dann ist der Elternteil, der jetzt nach dem Aufenthaltswechsel die Obhut über das gemeinsame minderjährige Kind ausübt, auch berechtigt, das Kind bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen zu vertreten, die aus der Zeit vor seiner Obhutsausübung herrühren (OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.7.2013 – 4 UF 265/12, NZFam 2014, 31).
Ab der Volljährigkeit des Kindes ist jedoch kein Elternteil mehr zur Vertretung des Kindes berechtigt; das Kind kann seine Rechte jetzt selbst wahrnehmen.
Ist bei Eintritt der Volljährigkeit des Kindes das Unterhaltsverfahren noch nicht abgeschlossen, gelten für dieses Verfahren die Grundsätze des gewillkürten Beteiligtenwechsels (BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – XII ZB 39/11, NJW 2013, 2595 = FamRZ 2013, 1378).
Hinsichtlich der zu stellenden Anträge ist zwischen den beteiligten Personen zu unterscheiden. Der bisher legitimierte Elternteil kann den Antrag im Kosteninteresse einseitig für erledigt erklären, weil mit seiner Verfahrensführungsbefugnis eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Durchsetzung des Kindesunterhaltes nachträglich entfallen ist (BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – XII ZB 39/11, NJW 2013, 2595 = FamRZ 2013, 1378; OLG Köln FamFR 2013, 92; OLG Rostock FamRZ 2012, 890; Schmitz, in: Wendl/Dose, a.a.O., § 10 Rn 50 m.w.N.). Prozessual bleibt der bisher alleinvertretungsberechtigte Elternteil bzw. der von ihm für das Kind bevollmächtigte Rechtsanwalt trotz Wegfall der Verfahrensstandschaft oder der gesetzlichen Vertretung also berechtigt, den (zulässigerweise begonnenen) Rechtsstreit als "Abwicklungsmaßnahme" gem. §§ 91a ZPO, 112, 113 FamFG für erledigt zu erklären. Im Rahmen der Abwicklungsbefugnis ist es auch zulässig, die vom früher vertretungsberechtigten Elternteil erteilte Vollmacht auf die Überprüfung der aufgrund der Erledigungserklärung ergangenen Kostenentscheidung zu erstrecken (OLG Koblenz, Beschl. v. 21.5.2015 – 7 WF 353/15, FamRZ 2015, 1902 = MDR 2015, 836; OLG Bamberg FamRZ 2014, 2014).
Gibt der bisher legitimierte Elternteil keine Erledigungserklärung ab, wird sein Antrag als unzulässig abgewiesen (Schmitz, in: Wendl/Dose, a.a.O., § 10 Rn 50 m.w.N.).
Musterformulierung: Einseitige Erledigungserklärung
"Die Antragstellerin erklärt die Hauptsache für erledigt. Es wird beantragt, die Kosten des erledigten Verfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen."
Hinsichtlich der Unterhaltsrückstände bestehen aber für den bisher legitimierten Elternteil noch zwei weitere Möglichkeiten:
Er kann im Wege der sachdienlichen Antragsänderung im gleichen Verfahren einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch für den rückständigen Unterhalt geltend machen (Büte/Poppen/Menne, a.a.O., § 1629 Rn 7; Schmitz, in: Wendl/Dose, a.a.O., § 10 Rn 50 m.w.N.), wenn das volljährige Kind seine Unterhaltsansprüche nicht weiter verfolgt (Schwonberg, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, a.a.O., Kap. 2 Rn 684). Dabei ist allerdings zu beachten, dass der familienrechtliche Ausgleichsanspruch anderen Voraussetzungen unterliegt als der bisher geltend gemachte Anspruch auf Kindesunterhalt, so dass eine geänderte sachliche Begründung vorgetragen werden muss (s. oben III. 4. b).
Musterformulierung: Familienrechtlicher Ausgleichsanspruch
“Die Antragstellerin erklärt den bisherigen Antrag auf Zahlung von Unterhalt für erledigt. Es wird nunmehr beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin ... (Betrag) Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem ... (Datum) zu zahlen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.”
Der bisher legitimierte Elternteil kann rückständigen Unterhalt auch dann weiter geltend machen, wenn das volljährige Kind diesen Unterhalt an ihn abgetreten hat (Seiler, in: Gerhard/v. Heintschel-Heinegg/Klein, a.a.O., Kap. 6 Rn 420 u. Gerhardt, Kap. 6 Rn 1042). Das Abtretungsverbot der § 400 BGB, § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO gilt in diesem Fall nicht (Gießler FamRZ 1994, 800; Gerhardt, in: Gerhard/v. Heintschel-Heinegg/Klein, a.a.O., Kap. 6 Rn 1047).
Musterformulierung: Antragsumstellung nach Abtretung
“Die Antragstellerin erklärt die Hauptsache hinsichtlich des Unterhalts ab dem ... (Datum, zu dem Volljährigkeit des Kindes eintritt) für erledigt.
Es wird beantragt, die Kosten des erledigten Verfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen.”
Das volljährig gewordene Kind kann als Antragsteller in das laufende Verfahren im Wege des ...