Die einseitige Verpflichtungserklärung stellt ein Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB dar, von dem sich der Unterhaltspflichtige nicht einseitig lösen kann. Der Unterhaltspflichtige ist also an diesen Titel gebunden mit der Folge, dass er eine Abänderung – also eine Herabsetzung seiner Zahlungspflicht – nur unter den Voraussetzungen des § 239 FamFG verlangen und – wenn die Voraussetzungen der Änderung der Geschäftsgrundlage gegeben sind – gerichtlich auch gegen den Willen des Berechtigten durchsetzen kann.
Hinweis:
Eine Bindung des Unterhaltsberechtigten an die titulierte Verpflichtung ergibt sich nicht direkt aus diesem Titel, denn der Berechtigte hat die Urkunde nicht unterschrieben. Jedoch kann sich eine Bindung des Berechtigten an den in der Urkunde festgesetzten Unterhaltsbetrag aus der Vorgeschichte ergeben, so dass der Berechtigte gehindert wäre, einen höheren Betrag zu fordern.
Korrespondieren die Anwälte im Vorfeld und fordert der Berechtigte einen bestimmten Betrag, sind folgende Fallgestaltungen möglich:
- Der Anwalt des Verpflichteten bestätigt den Betrag und der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in der gleichen Höhe des geforderten Betrags.
- Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in der gleichen Höhe des geforderten Betrags und stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung, ohne den Betrag ausdrücklich zu bestätigen.
- Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in einer geringeren Höhe als der geforderte Betrag und stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung. Der Berechtigte vollstreckt mit diesem Titel.
- Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in einer geringeren Höhe als der geforderte Betrag, stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung und zahlt den titulierten Unterhalt. Der Berechtigte unternimmt nichts.
- Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in einer geringeren Höhe als der geforderte Betrag, stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung und zahlt den titulierten Unterhalt. Der Berechtigte verlangt Zahlung des höheren Betrags.
Beruht die Erstellung einer vollstreckbaren einseitigen Verpflichtungserklärung, wie z.B. einer Jugendamtsurkunde, folglich auf einer Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, sind beide Seiten an den Inhalt der Vereinbarung materiell-rechtlich gebunden. Dann kommt eine Abänderung der Urkunde für beide Beteiligte grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB geboten ist (BGH, Beschl. v. 7.12.2016 – XII ZB 422/15, FamRZ 2017, 370; Fortführung von BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041; BGH FamRZ 2011, 1498 mit Anm. Maurer = NJW 2011, 3089 mit Anm. Schnitzler; BGH FamRZ 2003, 304).
Eine solche Bindungswirkung kann auch dann angenommen werden, wenn mit der Entgegennahme und Verwendung der Urkunde durch den Berechtigten ein zumindest konkludentes Einvernehmen darüber hergestellt worden ist, die darin titulierte Unterhaltsforderung als Gesamtbetrag des gesetzlich geschuldeten Unterhalts und damit als ausreichend zu akzeptieren.
Fehlt es hingegen an einer entsprechenden Akzeptanz des Berechtigten, kommt eine materiell-rechtliche Bindung des Berechtigten an eine Geschäftsgrundlage nicht in Betracht:
BGH, Beschl. v. 7.12.2016 – XII ZB 422/15:
- Die Beteiligten eines Unterhaltsverhältnisses sind nicht daran gehindert, im gegenseitigen Einvernehmen einen bestehenden gerichtlichen oder urkundlichen Unterhaltstitel außergerichtlich durch einen neuen Vollstreckungstitel i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu ersetzen.
- Beruht die Erstellung einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde auf einer Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, sind diese an den Inhalt der Vereinbarung materiell-rechtlich gebunden; eine Abänderung der Urkunde kommt für beide Beteiligte grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage geboten ist.
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