– Teil 2: Verfahrensrechtliche Fragen
I. Gerichtszuständigkeit, § 232 FamFG
§ 232 Abs. 1 Nr. 1 FamFG bestimmt das Gericht der anhängigen Ehesache als ausschließlichen Gerichtsstand für Unterhaltssachen, die die Unterhaltspflicht für ein gemeinschaftliches Kind der Ehegatten betreffen, sowie für Unterhaltssachen, die die durch die Ehe begründete Unterhaltspflicht betreffen.
Bei Streitigkeiten über den Unterhalt volljähriger Kinder ist allerdings in aller Regel das Ehescheidungsverfahren abgeschlossen. Dann greift § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG: Für Streitigkeiten privilegierter volljähriger Kinder ist das Gericht am Aufenthaltsort des Kindes zuständig.
Für die anderen volljährigen Kinder kommt dagegen die Zuständigkeitsregelung des § 232 Abs. 3 FamFG zur Anwendung.
II. Darlegungs- und Beweislast
1. Erstverfahren (Festsetzung des Unterhalts)
Verlangt das volljährige Kind erstmalig Ausbildungsunterhalt von einem seiner beiden Elternteile, muss es Folgendes darlegen und ggf. beweisen:
- die Grundlagen seines Unterhaltsanspruchs,
- seine unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit, also das Fehlen von eigenen Einkünften und von verwertbarem Vermögen und
- die Haftungsanteile gem. § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB und damit das beiderseitige Elterneinkommen (BGH, Beschl. v. 7.12.2016 – XII ZB 422/15, unter Hinweis auf BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – XII ZB 298/12, FamRZ 2013, 1563 Rn 16).
Der Unterhaltspflichtige hat die Darlegungs- und Beweislast (zur Darlegungs- und Beweislast im Unterhaltsrecht umfassend s. Bömelburg FF 2015, 273 u. FF 2015, 350) für die Umstände, aus denen sich seine fehlende oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit ergeben soll (OLG Hamm, Beschl. v. 24.6.2011 – 2 WF 146/11, FamRB 2011, 270 f.). Für die Annahme einer Leistungsunfähigkeit bedarf es der vollständigen Darlegung, sowohl der eigenen Einkünfte als auch des eigenen Vermögens durch den Unterhaltspflichtigen.
Zur Darlegung der Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners gehört auch die eingewandte Unterhaltsbedürftigkeit einer gem. § 1609 Nr. 3 BGB vorrangig berechtigten Ehefrau. Damit muss er diejenigen Umstände darlegen und beweisen, die einen Unterhaltsanspruch seiner Ehefrau gegen ihn begründen, weil es sich dabei um eine das Einkommen mindernde Verbindlichkeit handelt (BGH, Urt. v. 14.4.2010 – XII ZR 89/08, NJW 2010, 2056 mit Anm. Born).
Hinweis:
Der bloße Vortrag, dass seine Ehefrau kein laufendes Einkommen bezieht, reicht für die Feststellung der Unterhaltsbedürftigkeit und für die Bemessung des Bedarfs der Ehefrau des Antragsgegners nicht aus, wenn dies vom Unterhaltsberechtigten bestritten wird (OLG Hamm, Beschl. v. 24.6.2011 – 2 WF 146/11, FamRB 2011, 270 f.).
2. Abänderungsverfahren
a) Gegen einen bestehenden Titel auf Volljährigenunterhalt
Bei einem späteren gerichtlichen Abänderungsverfahren gem. §§ 238, 239 FamFG hat derjenige Beteiligte, der die Abänderung begehrt, die umfassende Darlegungs- und Beweislast auch für solche Tatsachen, die im früheren Verfahren der Gegner zu beweisen hatte. Eine Beweislastvergünstigung bei Erstverfahren gilt also nicht beim späteren Abänderungsverfahren. Hier trifft vielmehr den jeweiligen Antragsteller die volle Darlegungs- und Beweislast (OLG Naumburg, Beschl. v. 14.2.2007 – 8 WF 16/07, FamRZ 2007, 1342; OLG Naumburg, Urt. v. 4.7.2002 – 8 UF 220/01, FamRZ 2003, 618 f.).
b) Bei einseitiger Verpflichtungserklärung (speziell einer Jugendamtsurkunde)
Bei einseitig erstellten Titeln – also einer Verpflichtungserklärung über Kindesunterhalt vor dem Jugendamt oder einer vom Notar beurkundeten Verpflichtungserklärung – stellt sich die Frage der Abänderung in zwei Aspekten:
- Wer ist an die titulierte Verpflichtung inhaltlich gebunden?
- Auf welchem Wege kann eine Abänderung erreicht werden?
aa) Bindungswirkung einseitiger Verpflichtungserklärungen
Die einseitige Verpflichtungserklärung stellt ein Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB dar, von dem sich der Unterhaltspflichtige nicht einseitig lösen kann. Der Unterhaltspflichtige ist also an diesen Titel gebunden mit der Folge, dass er eine Abänderung – also eine Herabsetzung seiner Zahlungspflicht – nur unter den Voraussetzungen des § 239 FamFG verlangen und – wenn die Voraussetzungen der Änderung der Geschäftsgrundlage gegeben sind – gerichtlich auch gegen den Willen des Berechtigten durchsetzen kann.
Hinweis:
Eine Bindung des Unterhaltsberechtigten an die titulierte Verpflichtung ergibt sich nicht direkt aus diesem Titel, denn der Berechtigte hat die Urkunde nicht unterschrieben. Jedoch kann sich eine Bindung des Berechtigten an den in der Urkunde festgesetzten Unterhaltsbetrag aus der Vorgeschichte ergeben, so dass der Berechtigte gehindert wäre, einen höheren Betrag zu fordern.
Korrespondieren die Anwälte im Vorfeld und fordert der Berechtigte einen bestimmten Betrag, sind folgende Fallgestaltungen möglich:
- Der Anwalt des Verpflichteten bestätigt den Betrag und der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in der gleichen Höhe des geforderten Betrags.
- Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in der gleichen Höhe des geforderten Betrags und stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung, ohne den Betrag ausdrücklich zu bestätigen.
- Der Verpflichtete errichtet eine Urkunde in einer geringeren Höhe als der geforderte Betrag und stellt diese dem Berechtigten zur Verfügung. Der Berechtigte vollstreckt mit diesem Titel.
- Der Verpflichtete err...