Die Abschiebung eines Ausländers nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) stellt eine Sonderform des unmittelbaren Zwangs dar. Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer
- unerlaubt eingereist ist,
- noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
- aufgrund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gem. Art. 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates v. 28.5.2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist (§ 58 Abs. 1, 2 AufenthG; zu Abschiebungsverboten vgl. Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 6. Aufl. 2016, § 7 Rn 22 ff.; Rödel, ZAP F. 19, S. 817 ff., 823). Der Vollzug der Abschiebungshaft und der Ausreisegewahrsam sind in den §§ 62a f. AufenthG näher geregelt.
Hinweis:
Die Abschiebungsandrohung als spezialgesetzlich geregelte Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung setzt allerdings nicht voraus, dass die zu vollziehende Ausreisepflicht schon bei Ausspruch der darauf gerichteten Androhung vollziehbar sein muss, wenn die Ausländerbehörde in zulässiger Weise Ausweisung und Abschiebungsandrohung in einer Ordnungsverfügung verbindet (OVG NRW, Beschl. v. 20.2.2009 – 18 A 2620/08).
Die Androhung der Abschiebung stellt kein zulässiges milderes Mittel gegenüber der Anordnung dar, da Abschiebungsanordnung und Abschiebungsandrohung unterschiedliche Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung darstellen, die nicht teilidentisch sind. Insbesondere ist eine Abschiebungsandrohung nicht als Minus in jeder Abschiebungsanordnung enthalten. Auch der Umstand, dass beide Maßnahmen auf das gleiche Ziel gerichtet sind, nämlich auf eine Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet, und teilweise identische Prüfungsinhalte bestehen, begründet keine Teilidentität in dem Sinne, dass die Ersetzung einer (rechtswidrigen) Abschiebungsanordnung durch eine Abschiebungsandrohung als „milderes Mittel“ möglich ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Abschiebungsandrohung einer Fristsetzung bedarf. Außerdem soll in einer Abschiebungsandrohung zwar der Staat bezeichnet werden, in den der Betroffene abgeschoben werden soll; soweit keine Abschiebungsverbote bestehen, kann er auf der Grundlage einer Abschiebungsandrohung aber auch in jeden anderen Staat abgeschoben werden, in den er ausreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (§ 34 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 2, 3 AufenthG). Die Abschiebungsanordnung bedarf hingegen nach § 34a Abs. 1 AsylG keiner vorherigen Androhung und Fristsetzung, darf aber nur in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat angeordnet werden und setzt voraus, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2015 – 1 B 41.15).