Existiert ein Titel, läuft der Unterhaltspflichtige Gefahr, dass der Berechtigte bei Reduzierung der Zahlungen die Zwangsvollstreckung einleitet. Dies gilt es zu verhindern.
aa) Einleitung eines Abänderungsverfahrens
In einem gerichtlichen Abänderungsverfahren kann der Unterhaltspflichtige eine Reduzierung seiner Zahlungspflichten und auch die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen.
Gerade in den Corona-Fällen ergeben sich aber hier praktische Schwierigkeiten. Ein Unterhaltstitel wird’erstellt, um eine langfristige Regelung für die Zukunft zu erreichen, um für beide Beteiligten Rechtsfrieden und Planungssicherheit herzustellen. Änderungen sind nur für den Ausnahmefall einer unvorhersehbaren Änderung vorgesehen (vgl. §§ 238, 239 FamFG). Dann wird aber in dem eingeleiteten Abänderungsverfahren ein neuer Titel geschaffen, der wiederum "für die ganze Zukunft" unverändert gelten soll. Völlig unüblich ist eine Abänderung nur für einen Zwischenzeitraum, dessen Dauer zudem nicht genau prognostiziert werden kann.
In Zeiten der Corona-Pandemie ist aber abzusehen, dass alle paar Monate Änderungen eintreten können, die man heute nicht kennt und auch nicht voraussehen kann. Diese Problemlage mit dem "Standardwerkzeug" des Abänderungsverfahrens anzugehen, würde bedeuten, dass vermutlich alle paar Monate ein weiteres Abänderungsverfahren eingeleitet werden müsste.
Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung für einen Abänderungsantrag gegen eine gerichtliche Entscheidung hohe Hürden für eine ausreichende Begründung aufstellt (s. z.B. OLG Brandenburg, Beschl. v.’1.2.2019 – 13 WF 19/19, FUR 2019, 541 bei einer gerichtlichen Entscheidung; OLG Brandenburg NJW 2019, 2039 bei einer Unterhaltsvereinbarung), die angesichts der vorherrschenden Unsicherheiten nur schwer zu überwinden sind.
bb) Vermeidung eines sofortigen gerichtlichen Abänderungsverfahrens
Der Blick auf die wohlverstandene Interessenlage beider Beteiligten macht deutlich, dass dieser übliche Weg nicht im Interesse beider Seiten liegt, sondern hier in dieser völlig neuen Krisensituation kreativ auch neue Wege beschritten werden sollten. Denn wird vom Unterhaltspflichtigen ein gerichtliches Abänderungsverfahren eingeleitet, um so v.a. die Vollstreckung durch den Berechtigten zu verhindern, werden nicht unerhebliche Kosten ausgelöst, die später einen oder durchaus bei nicht voll siegreichem Ergebnis beide Beteiligten treffen werden.
Angesichts dieser Sachlage liegt die Einleitung eines Abänderungsverfahrens im Interesse keines der Beteiligten.
Denkbar wäre ein anderer Weg zu einer einvernehmlichen Lösung (vgl. dazu auch Schürmann, FamRB 2020, 199, 202; Borth, FamRZ 2020, 653):