Nach Art. 240 § 3 des Gesetzes wurden unter bestimmten Voraussetzungen im Zeitraum vom 1.4.2020 und dem 30.6.2020 fällige Darlehensverpflichtungen aus Verbraucherdarlehen mit Eintritt ihrer Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet, blieben aber weiterhin erfüllbar. Auch steht dem Gläubiger ein Abwehrrecht zu (Art. 240 EGBGB § 3 Abs. 6). Soweit keine individuelle Vereinbarung mit dem Darlehensgeber erreicht wird, ist Folge der Stundung, dass die unterbliebenen Ratenzahlungen in der vereinbarten Höhe an die reguläre Vertragslaufzeit angehängt werden. Es tritt also lediglich eine Verschiebung der Ratenbelastungen um drei Monate und eine entsprechende Verlängerung der Laufzeit des Darlehens ein.
Nimmt der Unterhaltsbeteiligte die Möglichkeiten der Stundung seiner Darlehensraten wahr, reduziert sich seine Belastung und sein aktuell verfügbares Einkommen steigt.
Die erste Frage ist, ob die fraglichen Darlehensraten überhaupt unterhaltsrechtliche Bedeutung haben. Ist die regelmäßige Belastung aus dem Darlehen bei der Unterhaltsberechnung gar nicht berücksichtigt worden, erübrigt sich auch eine Erörterung über die Auswirkungen einer Stundung nach dem COVID-19-Gesetz.
Sind die Darlehensraten unterhaltsrechtlich von Belang, kann die erfolgte Stundung oder auch die Möglichkeit einer Stundung nach dem COVID-19-Gesetz auch unterhaltsrechtliche Relevanz haben.
Hat der Unterhaltsbeteiligte – gleichgültig ob Unterhaltspflichtiger oder Unterhaltsberechtigter – von der Möglichkeit der Stundung der Darlehensraten nach Art. 240 EGBGB § 3 Gebrauch gemacht, ist seine monatliche Ratenbelastung aktuell "erst mal entfallen". Damit ist seine z.B. durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit eingetretene finanzielle Verschlechterung unbestreitbar ganz oder zumindest teilweise ausgeglichen.
Hat ein Unterhaltspflichtiger nicht die Möglichkeit dieser Stundung genutzt, um seine aktuelle Belastung zu reduzieren, stellt sich die Frage, ob bei der Unterhaltsbemessung fiktiv von einer erfolgten Stundung ausgegangen werden kann. Das setzt allerdings voraus, dass er eine entsprechende unterhaltsrechtliche Obliegenheit verletzt hat. Generell wird von einem Unterhaltspflichtigen, der sich’gegenüber einem Unterhaltsanspruch auf Ratenzahlungen aufgrund bestehender Schulden beruft, verlangt, sich um die Reduzierung der monatlichen Belastungen zu bemühen.
Hat er Erfolg, führt dies zur Reduzierung der Raten und so zur aktuell höheren Leistungsfähigkeit, aber automatisch auch zu einer Verlängerung der Laufzeit seines Darlehens. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er im Normalfall aktiv werden, um das nötige Einverständnis seiner Bank zu erhalten, ohne das er die Raten nicht herabsetzen darf. Kann er solche Aktivitäten nicht darlegen und ggf. nachweisen, setzt das Gericht fiktiv eine geringere Ratenhöhe fest oder streicht das Darlehen ganz aus der Unterhaltsberechnung.
Wendet man diese Grundsätze auf den Corona-Fall an, in dem der Schuldner nicht einmal das Einverständnis der Bank erreichen muss, ergibt sich die zwingende Schlussfolgerung, dass bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine solche unterhaltsrechtliche Obliegenheit besteht, zumal diese Stundung das künftige Einkommen kaum zusätzlich belastet (Schürmann, FamRB 2020, 199, 201), ihm also zuzumuten ist. Konkret muss der Unterhaltspflichtige dann im Streitfall darlegen, dass in’seinem Fall die Voraussetzungen des Art. 240 EGBGB § 3 – nämlich eine Gefährdung seines angemessenen Unterhalts – nicht gegeben sind. Dies dürfte ihm allerdings kaum gelingen, da er sich ja auch im Unterhaltsrechtsstreit ebenfalls auf die Gefährdung seines Unterhalts beruft.
Eine unterschiedliche Behandlung könnte sich aber aufgrund einer näheren Betrachtung der Rechtsfolge eines Schuldenmoratoriums ergeben.
Zwar können die Vertragsparteien – also der Verbraucher und seine Bank – Vereinbarungen, insb. über mögliche Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen oder Umschuldungen treffen (Art. 240 EGBGB § 3 Abs. 2). Kommt eine einverständliche Regelung nicht zustande, verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate (Art. 240 EGBGB § 3 Abs. 5). Die ausgefallenen Raten werden also praktisch an die reguläre Vertragslaufzeit angehängt.
Handelt es sich nun um ein relativ kurzfristiges Darlehen, dann liegt die Nachzahlungszeit vielfach noch in dem Zeitraum, der von der getroffenen Unterhaltsregelung mit umfasst ist. Liegt dagegen ein sehr langfristiges Darlehen vor – auch ein langlaufender Immobiliarkredit gehört zu den von Art. 240 EGBGB § 3 erfassten Verbraucherdarlehen –, tritt die Nachbelastung erst in einem Zeitraum ein, in dem vermutlich keine Unterhaltsverpflichtung mehr besteht.