Im Verfahrenskostenhilfeverfahren kommt es immer nur auf die gegenwärtige tatsächliche finanzielle Situation an; fiktive Einkünfte spielen in aller Regel keine Rolle. Denn diese könnten nur an einer schuldhaften Verletzung von Obliegenheiten festgemacht werden (Groß, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe, 2017, § 115 ZPO Rn 22 m.w.N.); hierfür ist aber in der aktuellen Situation kein Raum.
Der um Verfahrenskostenhilfe Ersuchende trägt die vollständige Darlegungs- und Beweislast für seine sozialrechtliche Bedürftigkeit (OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.3.2019 – 9 WF 27/19, FUR 2019, 725). Dies gilt auch für einen Herabsetzungsantrag.
Die mit dem Sozialschutz-Paket I eingeführten Regelungen zur Einschränkung der Vermögensprüfung bei Sozialhilfeempfängern gelten wegen des Prozesskostenhilfe-Verweises in der ZPO (nur) auf § 90 SGB XII nicht für die Vermögensprüfung bei der Prozesskostenhilfe (Meßling, NJW 2020, 2005). Vorhandenes anzurechnendes Vermögen kann also einer Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entgegenstehen, darf also keinesfalls bei der Antragstellung verschwiegen werden.
In der aktuellen Situation darf aber nicht übersehen werden, dass der Antragsteller durchaus gute Gründe hat, seine finanziellen Reserven für zukünftige unabsehbare Ausgaben zurückzubehalten. Wenn Rechtsverfolgungskosten absehbar sind, darf vorhandenes Vermögen (konkret Unterhaltsnachzahlungen) nach der Rechtsprechung nicht mehr leichtfertig für nicht unbedingt notwendige Zwecke ausgegeben werden, andernfalls wird fiktives Vermögen angerechnet (BGH, Beschl. v. 20.6.2018 – XII ZB 636/17, FuR 2018, 597 = FamRZ 2018, 1525). Steht aber ein „nicht leichtfertiges Ausgeben des Geldes” einer Verfahrenskostenhilfebewilligung nicht entgegen, wäre auch konsequent, das vorsorgliche Einbehalten eines angemessenen Geldbetrags für die kommenden „schlechten Zeiten” zu akzeptieren. Dies muss allerdings im Verfahrenskostenhilfeantrag genau dargelegt werden; die Entscheidung obliegt dem Gericht. Keinesfalls darf vorhandenes Vermögen einfach verschwiegen werden.
Hat der Mandant, dem Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, aufgrund der Corona-Krise gravierende Einkommensverluste zu verzeichnen, ist es angeraten, umgehend eine Aufhebung der bewilligten Raten zu beantragen. Zwar kann sich die Entscheidung über diese Anträge bei den Gerichten erheblich verzögern. Ausschlaggebend ist aber, dass eine spätere Bewilligung immer nur rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung erfolgen kann.
Zudem sollte vorsorglich auch ein ausdrücklicher Antrag auf Stundung der auferlegten Raten gestellt werden. Durch eine Stundung wird verhindert, dass weitere Raten fällig werden, sodass auch kein Verzug und kein Ratenrückstand i.S.d. § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO eintritt, der zu einer Entziehung der Verfahrenskostenhilfe führen kann.
Ist der Mandant aufgrund seiner bisherigen finanziellen Verhältnisse „Selbstzahler”, sollte ebenfalls vorsorglich ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe geprüft und ggf. gestellt werden.
Zu beachten ist weiter, dass ein entsprechender Antrag in jedem einschlägigen laufenden Verfahren’gesondert gestellt werden sollte; es wird verlangt, jeweils ein amtliches Formular beizufügen.
Falls sich die finanziellen Verhältnisse des Mandanten in Zukunft wieder verbessern, ist die Mitteilungspflicht des § 120a Abs. 2 ZPO von Bedeutung. Der Mandant muss im Falle einer solchen Verbesserung dem Gericht unverzüglich und unaufgefordert Mitteilung machen, um eine spätere Aufhebung der Verfahrenskostenhilfebewilligung nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zu vermeiden.
Dies gilt auch für die tatsächliche Auszahlung der von der Regierung auf den Weg gebrachten Unterstützungsleistungen, wenn diese beim Mandanten tatsächlich ankommen. Hier sollte sicherheitshalber immer eine Mitteilung erfolgen, denn derzeit ist bei der Vielzahl der angekündigten Leistungen noch nicht absehbar, ob und ggf. wie diese im recht komplexen System der Verfahrenskostenhilfe angerechnet werden müssen. Es gilt die Faustregel „Eine Mitteilung zu viel ist unschädlich, eine Mitteilung zu wenig löst Ärger aus!”
Zu beachten ist weiter, dass auch im sog. Nachsorgeverfahren nach dem geänderten Bewilligungsbeschluss zur Verfahrenskostenhilfe der im Verfahren tätige Anwalt weiter involviert ist, denn seine Vollmacht gilt weiter, und zwar sogar nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (BGH, Beschl. v. 8.9.2011 – XII ZB 63/10, FamRZ 2011, 1867 [Ls]; BGH, Beschl. v. 8.12.2010 – XII ZB 151/10, FF 2011, 219; BGH, Beschl. v. 8.12.2010 – XII ZB 38/09, FamRZ 2011, 463; BGH, Beschl. v. 8.12.2010 – XII ZB 148/10 und BGH, Beschl. v. 8.9.2011 – VII ZB 63/10; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.6.2017 – 18 WF 302/14, FamRZ 2017, 1702; OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.10.2017 – 8 WF 37/17, FamRZ 2018, 517). Gerichtliche Fristsetzungen und Entscheidungen sind folglich dem Verfahrensbevollmächtigten und nicht dem Beteiligten persönlich zuzustellen.