Im Bereich der Durchsuchung hat es zwei Änderungen gegeben. Die eine betrifft die Durchsuchung zur Nachtzeit nach § 104 StPO (dazu nachfolgend), die andere hat Ergänzungen/Anpassungen/Erweiterungen bei der sog. Durchsicht von Papieren (§ 110 StPO) gebracht (dazu Burhoff, StPO 2021, Rn 115 ff.).
1. Neuregelung
Durch das Gesetz ist § 104 StPO geändert worden. Ursprünglich war in der BT-Drucks 19/27654 nur eine Anpassung des § 104 Abs. 3 StPO a.F. an die geänderten Lebensgewohnheiten vorgesehen (BT-Drucks 19/27654, S. 71 m.w.N.; vgl. aber auch BVerfG NJW 2019, 1428; vgl. IV. 2). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahren ist dann die Fassung des § 104 Abs. 1 StPO a.F. insgesamt als zu eng angesehen worden (dazu BT-Drucks 19/30517, S. 19). Das hat dazu geführt, dass die Zulässigkeit von Durchsuchungen zur Nachtzeit erweitert worden ist auf "elektronische Speichermedien" (vgl. dazu IV. 3.)
2. Anpassung des Begriffs der "Nachtzeit" (§ 104 Abs. 3 StPO)
Nach der Neuregelung ist nach § 104 Abs. 3 StPO Nachtzeit i.S.d. § 104 Abs. 1 StPO jetzt einheitlich der Zeitraum von 21 Uhr bis 6 Uhr morgens. Die Differenzierung zwischen Sommer- und Wintermonaten ist aufgegeben worden. Da eine "Durchsicht von Papieren" nach § 110 StPO noch Teil der Durchsuchung ist, (u.a. BGH NStZ 2002, 215; 2003, 670 m.w.N.; NStZ-RR 2010, 67 [Ci/Zi]; OLG Bremen wistra 1999, 75) hat die Änderung auch Auswirkungen auf diesen Teil der Durchsuchung. Der ist also zur "Nachtzeit" von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr auch nicht mehr zulässig, es sei denn es liegen die Voraussetzungen des § 104 Abs. 1 StPO vor (dazu nachfolgend 3.).
3. Durchsuchung von Räumen zur Nachtzeit (§ 104 Abs. 1 StPO)
Eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume und des befriedeten Besitztums zur Nachtzeit (vgl. dazu § 104 Abs. 3 StPO) ist grds. unzulässig. Zulässig ist sie nur unter den in § 104 Abs. 1 StPO bestimmten Ausnahmen.
Einige Ausnahmen waren schon im früheren Recht vorgesehen. Die sind in § 104 Abs. 1 StPO übernommen worden. Das sind die Fälle der Verfolgung auf frischer Tat (Nr. 1), der Gefahr im Verzug (Nr. 2), und der Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen (Nr. 4) (vgl. Burhoff, EV, Rn 4928). Insoweit kann auf bisher vorliegende Rechtsprechung zurückgegriffen werden.
Neu ist Ausnahme in § 104 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Danach darf die Durchsuchung zur Nachtzeit in Zukunft auch erfolgen, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass während der Durchsuchung auf ein elektronisches Speichermedium zugegriffen werden wird, das als Beweismittel in Betracht kommt, und ohne die Durchsuchung zur Nachtzeit die Auswertung des elektronischen Speichermediums, insb. in unverschlüsselter Form, aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Regelung ist zum besonderen Schutz der Nachtruhe (so) restriktiv formuliert (BT-Drucks 19/30517, S. 19).
Mit dem Begriff des "elektronischen Speichermediums" verwendet die Neuregelung einen Begriff, der in der StPO bereits enthalten war, und zwar in § 110 Abs. 3 StPO. Gemeint sind damit also alle elektronischen Datenträger und Datenspeicher, wie Disketten und die zum Lesen und Verarbeiten notwendigen Zentralcomputereinheiten, EDV-Anlagen sowie auch ein Notebook mit den darauf gespeicherten EDV-Daten (Burhoff, EV, Rn 1870 m.w.N.). Erfasst werden dürften davon nach § 110 Abs. 3 S. 1 StPO auch Daten auf räumlich getrennten Speichermedien (sog. elektronische Netzwerkressourcen (vgl. den pauschalen Hinweis auf § 110 Abs. 3 StPO in der BT-Drucks 18/30517, S. 19). Dieses elektronische Speichermedium muss als Beweismittel in Betracht kommen. Insoweit gelten die allgemeinen Regeln (dazu Burhoff, EV, Rn 1013 ff. m.w.N).
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Durchsuchung zur Nachtzeit nach § 104 Abs. 1 Nr. 3 StPO ist weiter, dass bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass während der Durchsuchung auf das elektronische Speichermedium zugegriffen werden wird, das als Beweismittel in Betracht kommt. Die Formulierung, dass bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, wird u.a. verwendet in §§ 112 Abs. 2, 100b Abs. 2, 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO. Auf die dazu vorliegende Rechtsprechung und Literatur kann verwiesen werden (Burhoff, EV, Rn 2963, 4056; 4152). Ein bestimmter Verdachtsgrad wird nicht vorausgesetzt. Ausreichend ist also ein einfacher Verdacht, der jedoch auf bestimmten Tatsachen beruhen muss.
Die Neuregelung in Nr. 3 enthält zum Schutz der Nachtruhe (BT-Drucks 19/30517, S. 19) eine besondere Subsidiaritätsklausel. Danach darf zur Nachtzeit nach Nr. 3 nur durchsucht werden, wenn zusätzlich zu den bestimmten Tatsachen (vgl. vorstehend) "ohne die Durchsuchung zur Nachtzeit die Auswertung des elektronischen Speichermediums, insb. in unverschlüsselter Form, aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre". Durchsuchungen zur Nachtzeit dürfen danach nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden (dazu BVerfG NJW 2019, 1428). Die Klausel entspricht der Subsidiaritätsklausel bei der akustischen Wohnraumüberwachung in § 100c Abs. 1 Nr. 4 StPO (Burhoff, EV, Rn 2788) oder bei der Online-Durchsuchung in § 100b Abs. 1 Nr. 3 StPO (Burhoff, EV, Rn 2967); daher wird man dazu vorliegende Rechtsprechung und Literatur e...