Zusammenfassung
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Die Bestimmung des § 270a BGB stellt eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG dar, deren Verletzung geeignet ist, die Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. |
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Eine Vereinbarung, die den Schuldner bei Wahl der Zahlungsmittel „Sofortüberweisung” oder „PayPal” zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet, verstößt nicht gegen § 270a BGB, wenn das Entgelt allein für die Nutzung dieser Zahlungsmittel und nicht für eine damit im Zusammenhang stehende Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Zahlungskarte i.S.v. § 270a BB vereinbart wird. |
BGH, Urt. v. 25.3.2021 – I ZR 203/19 (amtliche Leitsätze)
I. Sachverhalt
Die Beklagte veranstaltet Fernbusreisen und bewirbt diese im Internet. Diese bietet mehrere Zahlungsmöglichkeiten an, nämlich die Zahlung mit EC-Karte, Kreditkarte, Sofortüberweisung und PayPal. Bei Wahl der beiden zuletzt genannten Zahlungsmöglichkeiten erhebt die Beklagte ein vom jeweiligen Fahrpreis abhängiges zusätzliches Entgelt. Die Klägerin hält die Erhebung dieses zusätzlichen Entgelts für wettbewerbswidrig. Das LG München I hat mit Urteil vom 13.12.2018 (17 HK O 7439/18, WRP 2019, 399) die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr i.R.d. Abschlusses von Verträgen für die Nutzung von Zahlungsmöglichkeiten per Sofortüberweisung und/oder PayPal ein Entgelt zu vereinbaren und/oder zu verlangen. Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt (OLG München, Urt. v. 10.10.2019 – 29 U 4666/18, GRUR-RR 202, 170). Die zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.
II. Entscheidungsgründe
Das OLG München hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung aus § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 3a UWG nicht zustehen, weil die Beklagte nicht gegen § 270a BGB verstoßen hat. Die Bestimmung des § 270a BGB stellt eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG dar.
Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die objektiv der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient und mit der ein Unternehmen auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Dazu gehören neben dem Angebot von und der Nachfrage nach Waren oder Dienstleistungen auch der Abschluss und die Durchführung von Verträgen (BGH, Urt. v. 8.10.2015 – I ZR 225/13, GRUR 2016, 513 = WRP 2016, 586 Rn 21 – Eizellspende; BGH, Urt. v. 2.3.2017 – I ZR 194/15, GRUR 2017, 537 = WRP 2017, 542 Rn 20 – Konsumgetreide).
Die Bestimmung des § 270a BGB verbietet die Vereinbarung eines Entgelts für bestimmte Zahlungsmittel. Diese betrifft damit die Durchführung von Verträgen und insoweit ein Marktverhalten. Da diese zumindest auch den Schutz der Schuldner bezweckt, stellt diese eine Regelung des Marktverhaltens auch im Interesse der Marktteilnehmer dar. Ein Verstoß gegen § 270a BGB ist geeignet, die Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, weil diesen möglicherweise zu Unrecht Kosten auferlegt werden. Die Beklagte hat dadurch, dass sie für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal ein zusätzliches Entgelt verlangt, jedoch nicht gegen § 270a BGB verstoßen. Nach § 270a S. 1 BGB ist eine Vereinbarung unwirksam, die den Schuldner zur Zahlung eines Entgelts für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte verpflichtet.
Bei der Vorschrift des § 270a BGB handelt es sich um eine 1:1-Umsetzung von Art. 62 IV der EU-Zahlungsdiensterichtlinie (EU-VO 260/2012; kurz: ZaDiRL). Von der Möglichkeit in Art. 62 V ZaDiRL, dem Zahlungsempfänger jede Erhebung von Entgelten zu untersagen oder dieses Recht zu begrenzen, hat der Gesetzgeber bewusst keinen Gebrauch gemacht (vgl. BT-Drucks 18/11495, 147). Das Entgeltverbot gilt daher allein für die von § 270a BGB, Art. 62 IV ZaDiRL erfassten Zahlungsinstrumente und Zahlungsdienstleistungen. Eine entsprechende Anwendung auf andere Zahlungsinstrumente und Zahlungsdienstleistungen scheidet aus, da dies eine planwidrige Regelungslücke voraussetzt (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Beschl. v. 10.10.2018 – XII ZB 231/18, BGHZ 220, 58 = NJW 2019, 153 Rn 16; BGH, Beschl. v. 19.12.2019 – I ZB 37/19, GRUR 2020, 558 = WRP 2020, 588 Rn 16 – Schokoladenstäbchen IV; BGH, Versäumnisurteil v. 28.5.2020 – I ZR 129/19, GRUR 2020, 1087 Rn 15 – Al Di Meola; BGH, Beschl. v. 20.10.2020 – VI ZB 28/20, BeckRS 2020, 30872 Rn 10). An einer solchen mangelt es. Dem Zahlungsempfänger bleibt es daher unbenommen, für die Nutzung anderer als der in Art. 62 IV ZaDiRL und § 270a BGB genannten Zahlungsmittel ein Entgelt zu verlangen. Das Entgelt, das die Beklagte von ihren Kunden bei Wahl der Zahlungsmöglichkeit „Sofortüberweisung” fordert, wird jedoch nicht i.S.v. Art. 62 IV ZaDiRL bzw. § 270a BGB als Entgelt für die Überweisung verlangt.
Das OLG München hat angenommen, das Entgelt werde bei der Sofortüberweisung nicht für die Nutzung der Überweisung, sondern für die Einschaltung der S-GmbH vereinbart, die den Zahlungsvorgang als solchen anstelle des Zahlenden einleite un...