(BGH, Urt. v. 2.6.2022 – I ZR 140/15) • Bekannterweise ist der Hostprovider, nach einem hinreichend konkreten Hinweis auf eine geschehene Rechtsverletzung zur Abwendung der Haftung als Störer verpflichtet, den Zugang zu dem als rechtsverletzend beanstandeten Inhalt zu sperren. Es ist hierbei nicht ausreichend, nur die im konkreten Einzelfall beanstandete Datei zu löschen und den künftigen Upload identischer Dateien zu unterbinden, sondern auch das fortgesetzte öffentliche Zugänglichmachen rechtsverletzender Inhalte durch gleichartige Verletzungshandlungen i.R.d. technisch und wirtschaftlich Zumutbaren zu unterbinden. Bei urheberrechtlich geschützten Rechtspositionen sind solche Verletzungshandlungen gleichartig, die dieses Recht bezogen auf das im konkreten Fall geschützte Werk oder die geschützte Leistung erneut verletzen, ohne dass es darauf ankäme, welcher Nutzer eine Datei mit vergleichbarem rechtsverletzenden Inhalt hochgeladen hat. Sofern der Betreiber einer Video-Sharing-Plattform, der weiß oder wissen müsste, dass Nutzer über seine Plattform im Allgemeinen geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich machen, keine geeigneten technischen Maßnahmen, die von einem die übliche Sorgfalt beachtenden Wirtschaftsteilnehmer in seiner Situation zu erwarten sind, um Urheberrechtsverletzungen auf dieser Plattform in glaubwürdiger und wirksamer Weise zu bekämpfen, so nimmt er selbst eine öffentliche Wiedergabe der von Nutzern hochgeladenen rechtsverletzenden Inhalte i.S.v. § 15 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 2, §§ 19a, 78 Abs. 1 Nr. 1, § 85 Abs. 1 S. 1 Fall 3 UrhG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und 2a und b der Richtlinie 2001/29/EG vor. Lediglich reaktive technische Maßnahmen, die Rechtsinhabern das Auffinden von bereits hochgeladenen rechtsverletzenden Inhalten oder die Erteilung von darauf bezogenen Hinweisen an den Plattformbetreiber erleichtern, sind ungenügend für die Einstufung als Maßnahmen zur glaubwürdigen und wirksamen Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen. Die Synchronisation durch Verbindung eines Tonträgers mit Bildern stellt eine eigenständige Nutzungsart dar, die Gegenstand einer gesonderten Rechtseinräumung sein kann. Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB wegen Eingriffs in ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht hat die Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung im Verhältnis zwischen Urheberrechtsinhaber und Anspruchsgegner zur Voraussetzung. Dies ist zu verneinen, wenn bei einer Muttergesellschaft Vorteile abgeschöpft werden sollen, die im Geschäftsbetrieb ihrer Tochtergesellschaft entstanden sind. Die Auskunft über die Banken der Dienstleistungsnutzer sind von dem Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 3 UrhG nicht erfasst.
ZAP EN-Nr. 579/2022
ZAP F. 1, S. 874–875