Bundesjustizminister Marco Buschmann will mit einer Reform des Unterhaltsrechts den mitbetreuenden Elternteil entlasten. Ende August hat er hierzu ein Eckpunktepapier vorgelegt, ein Gesetzentwurf soll nach einer eingehenden Diskussion folgen.
Die Reform soll insb. Trennungsfamilien betreffen, in denen ein Elternteil die Hauptbetreuung leistet, der andere Elternteil sich aber auch zu einem nicht unwesentlichen Teil (mind. 30 %) bei der Erziehung einbringt. Das derzeitige Unterhaltsrecht sei „in die Jahre gekommen”, erläuterte Buschmann seinen Vorstoß in Presseinterviews. Es ignoriere, dass viele Eltern ihre Kinder auch nach einer Trennung gemeinsam erzögen und betreuten. „Ob ein Vater sich an einem oder an drei Tagen in der Woche um das Kind kümmert, hat in vielen Fällen kaum Auswirkungen auf den von ihm gezahlten Unterhalt”, so der Minister. Das sei aus Sicht der Betroffenen ungerecht und „gerade auch mit Blick auf das Kindeswohl nachteilig”.
Dass eine Entlastung des mitbetreuenden Elternteils - zumeist des Vaters - in Zukunft zulasten hauptsächlich erziehender Frauen gehen könnte, die ohnehin finanziell zu kämpfen haben, glaubt Buschmann nicht. „Wenn wir Väter dazu motivieren, sich stärker in der Betreuung der Kinder zu engagieren, hilft das auch den Müttern”, meinte der Minister. Denn diese könnten „dann etwa stärker berufstätig” sein.
Seit Bekanntwerden des BMJ-Vorhabens ist dieses in der Öffentlichkeit bereits kontrovers diskutiert worden. Während einige die Pläne als „überfällig” bezeichnen, sorgen sich andere um die finanzielle Lage insbes. der hauptsächlich erziehenden Mütter. Auch unter Juristen ist das Projekt umstritten. Während etwa der Deutsche Anwaltverein (DAV) das Vorhaben umgehend begrüßt hat und darauf verweisen konnte, dass er eine solche Reform bereits seit Langem anmahnt, sieht der Deutsche Juristinnenbund (djb) große Risiken insb. für die Mütter. Obwohl auch die Juristinnen im Grundsatz eine bessere Berücksichtigung von geleisteter „Care-Arbeit” befürworten, sehen sie den aktuellen Reformvorschlag des Bundesjustizministers eher kritisch.
Statistisch betrachtet seien es überwiegend Männer, die von den Reformplänen profitieren dürften, erläuterte der djb in einer Presseverlautbarung. Darüber hinaus blende die angedachte Entlastung aus, dass schon jetzt die Unterhaltsbeträge, die Väter für ihre Kinder zahlen, die tatsächlichen Bedürfnisse der Kinder nicht deckten. Eine weitere Entlastung von mitbetreuenden Vätern würde insofern zu größerer Ungleichverteilung der Lasten führen - und ganz maßgeblich auch negative Auswirkungen auf den Lebensstandard der betroffenen Kinder bewirken, befürchtet der Verband.
Zudem sieht er weitere Ungereimtheiten: So hätten die Reformpläne die größten Auswirkungen bei wirtschaftlich leistungsfähigen Eltern, bei Geringverdienenden hingegen kaum. Damit beträfen sie nur einen verhältnismäßig kleinen Teil von Trennungsfamilien. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich der Justizminister nicht mit aller Kraft den Nöten von schätzungsweise Dreiviertel der Trennungskinder widme, die nicht einmal den Mindestunterhalt bekämen und deren alleinerziehende Elternteile neben der Betreuung auch die finanziellen Lasten trügen, kritisieren die Juristinnen. Alljährlich stelle die Politik fest, dass alleinerziehende Mütter zu den Ärmsten im Lande gehörten. Diesen Missstand zu beseitigen, sollte für die Politik im Vordergrund stehen.
[Quellen: BMJ/DAV/djb]