1. Kein Rechtsmittel, kaum Rechtssicherheit
Entscheidung der Schiedsgerichte werden in der Praxis nicht veröffentlicht; über die veröffentlichte OLG/BGH-Rechtsprechung (z.B. Kröll, NJW 2023, 819) zur Aufhebung von Schiedssprüchen (§§ 1060, 1059 ZPO) kann man allerdings ahnen, dass da Verfahrensfehler passieren. Das eine Schiedsgericht weiß nicht, wie ein anderes Schiedsgericht ähnliche Fälle entscheidet. Es fehlt teils Rechtssicherheit, der Kläger kann kaum eine Prognose treffen, es gibt kaum Rechtsfortbildung (obwohl es enorm viel Schrifttum zum Schiedsverfahren gibt). Die Kritik einer Fehlentscheidung des Schiedsgerichts durch die Wissenschaft ist nicht möglich. Die Gefahr einer Fehlentscheidung ist nicht gering, aber es gibt kein Rechtsmittel, was der wesentliche Nachteil für den Mandanten ist (vgl. Schmitz, RNotZ 2003, 591).
2. Unbekanntheit des Schiedsverfahrens
Den beteiligten Anwälten ist das Schiedsverfahren meist unbekannt (in mehr als zehn Jahren der Schiedsrichtertätigkeit des Verf. war das Schiedsverfahren nur einmal einem Anwalt näher bekannt); das kann zu Fehlern führen. In der Ausbildung der Juristen spielt es keine Rolle (Lachmann, SchiedsVZ 2003, 28). Die Frage ist somit, ob der anwaltliche Verfasser eines Vertrags mit Schiedsvereinbarung seinen Mandanten ausreichend über die Vor- und Nachteile beraten konnte und beraten hat, wenn er die Klausel einfach aus einem Formularbuch übernommen hat. Keine Bank wird einen privaten Schiedsspruch anerkennen. Ob der später für das Schiedsverfahren mandatierte Anwalt dieses „exotische” Verfahren ausreichend kennt, ist die weitere Frage.
3. Keine öffentliche Verhandlung, Vertraulichkeit
a) Keine Öffentlichkeit
Das Schiedsverfahren ist eine „private Veranstaltung”, daher nicht öffentlich (zur Problematik bei Zwangsschiedsabreden im Sport vgl. BVerfG NJW 2022, 2677 [Pechstein] und Jakob, ZAP F. 13, 2279). Das GVG gilt dafür nicht. Zuhörer (z.B. Pressevertreter) können deshalb aus der Verhandlung keine Kenntnisse etwa über die Höhe des Nachlasses eines Unternehmers erlangen. Interna der Parteien über nichteheliche Kinder, Scheidung, Vermögensverhältnisse, Insolvenzen usw. werden nicht in der Öffentlichkeit erörtert. Diese Vertraulichkeit „fördere die Vergleichsbereitschaft”, wird behauptet (Schmitz, RNotZ 2003, 591), ohne dass es durch Zahlen untermauert ist.
Wegen der Geheimhaltung vor dem gewöhnlichen Volk waren schon in früheren Jahrhunderten in den Hausgesetzen des deutschen Hochadels – dem sog. Privatfürstenrecht – Schiedsgerichte (besetzt mit Fürsten) zur Streitentscheidung in familien- und erbrechtlichen Sachen vorgeschrieben (Albers, Begriff und Wirklichkeit des Privatfürstenrechts, 2001, S. 144).
Beim staatlichen Gericht sind Verhandlungen in der freiwilligen Gerichtsbarkeit (z.B. Erbscheinverfahren), falls sie überhaupt stattfinden, nicht öffentlich (§ 170 GVG). Nur die Verhandlung vor dem Prozessgericht ist öffentlich (§ 169 GVG), wobei aber die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann (§ 170b GVG).
b) Bewertung der Nichtöffentlichkeit
In Zivilsachen ist die Verhandlung für den Zuhörer wenig ergiebig, weil die Parteien auf die Schriftsätze Bezug nehmen, selbst der Antrag wird kaum mehr verlesen. Nur aus Zeugen- und Sachverständigenvernehmungen kann man als Zuhörer etwas erfahren. Der Vorteil der Nichtöffentlichkeit des Schiedsgerichtsverfahrens ist also gering, es ist eine Frage des Einzelfalls, ob er den Ausschluss von Rechtsmitteln gegen den Schiedsspruch überwiegt.
c) Nichtgeltung für Parteien, Anwälte
Auch beim Schiedsverfahren können die Parteien und ihre Anwälte die Presse und die anderen Medien verständigen (Musielak/Voit, a.a.O., § 1029 Rn 27; a.A. Schütze/Thümmel, a.a.O., S. 126 Rn 30) und ihnen die Schriftsätze zwecks Berichterstattung überlassen. Auch für die Schiedsrichter gibt es keine gesetzlich normierte Verschwiegenheitspflicht (MüKoZPO/Münch, a.a.O., § 1054 Rn 22); nur das Beratungsgeheimnis ist von ihnen zu wahren. Eine Schweigepflicht der Parteien und ihrer Anwälte folgt keinesfalls stillschweigend aus dem Schiedsrichtervertrag (a.A. MüKoZPO/Münch, a.a.O., vor § 1034 Rn 26), sie müsste ausdrücklich vereinbart werden. Von einer „der Schiedsvereinbarung immanenten Vertraulichkeitsvereinbarung” kann keine Rede sein, sie wird konstruiert, weil sie bei der Schiedsvereinbarung vergessen wurde.
4. Ist das Schiedsgerichtsverfahren billiger?
Es wird behauptet, die Kosten des Schiedsgerichts seien geringer als beim staatlichen Gericht, weil die Berufungsinstanz wegfalle. Diese Behauptung bezeichnet Lachmann (SchiedsVZ 2003, 28) zu Recht als „Legende”. Nicht immer wird gegen das staatliche Urteil Berufung und Revision eingelegt, selbst wenn es einer Partei nicht passt. Wenn die Parteien einen Schiedsrichter finden, der kostenlos und schnell die richtige Entscheidung fällt, ist das Schiedsverfahren natürlich billiger als das staatliche Gerichtsverfahren. Anders ist es, wenn bezahlt werden muss. Ist in der Schiedsordnung die Vergütung der Schiedsrichter geregelt, gilt zwar diese Regelung; aber bei einem zu geringen Honorar (z.B. insgesamt 400 EUR, davon ½ für den Vorsitzenden, je ¼ für die Beisitzer!) findet sich vielleicht kein Schiedsrichter.
Die verschiedenen Kosten müssen verglichen werden (Kostenvergleiche auch bei...