1. Erfordernis einer eindeutigen Regelung
Der BGH (Beschl. v. 21.2.2024 – XII ZB 401/23, FamRZ 2024, 950 m. Anm. Giers = MDR 2024, 711 = NJW 2024, 1820 = FamRB 2024, 231 m. Hinweis Clausius) weist darauf hin, dass die Regelungen zum Umgang des Berechtigten mit dem Kind so eindeutig sein müssen, dass sie vollstreckungsfähig sind. Der Inhalt muss eine nach Art, Ort und Zeit erschöpfende, hinreichend bestimmte Regelung des Umgangs aufweisen. Eine Umgangsregelung, durch die der Umgang auf einen bestimmten Rhythmus festgelegt wird oder dem umgangsberechtigten Elternteil bestimmte Umgangszeiten zugewiesen werden, ist nicht mit für eine Vollstreckung hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass sich der Umgangsberechtigte eines Umgangs mit dem Kind in der übrigen Zeit zu enthalten hat. Ein solches Gebot muss sich stets ausdrücklich und eindeutig aus der Umgangsregelung ergeben.
Auch das OLG Nürnberg (Beschl. v. 18.1.2024 – 9 UF 744/23, FamRZ 2024, 704 m. Anm. Kupko) betont, dass dem Verpflichteten hinreichend deutlich sein muss, was mit der Regelung von ihm verlangt wird. Ausreichend ist, dass der angeordnete Umgang praktikabel ist und regelmäßig ausgeübt werden kann.
Das KG (Beschl. v. 15.8.2023 – 17 WF 51/23, FamRZ 2024, 45) hat hierzu entschieden, dass die Anforderungen bei der Auslegung von Umgangstiteln mit Blick auf die Effektivität der Vollstreckung und die elterliche Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 BGB nicht überspannt werden dürfen, sondern diese Aspekte im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigen sind.
Ist eine wöchentlich wechselnde Betreuung des Kindes durch gerichtliche Umgangsregelung festgelegt, so stellt es nach einer Entscheidung des OLG Brandenburg (Beschl. v. 9.1.2024 – 13 WF 1/24, FamRZ 2024, 705 = FamRB 2024, 197 m. Hinweis Clausius) keine Zuwiderhandlung gegen die Regelung dar, wenn ein Elternteil im Rahmen der Alltagssorge nach § 1687 Abs. 1 S. 4 BGB entscheidet, dass das Kind während seiner Abwesenheit durch Dritte betreut wird. § 1684 BGB gewährt ein vom Sorgerecht unabhängiges selbstständiges Umgangsrecht, das keinem Bestimmungsrecht durch den sorgeberechtigten Elternteil unterliegt.
Hinweis:
Voraussetzung für die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 89 FamFG ist eine Umgangsregelung mit vollstreckungsfähigem Inhalt und dem Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG.
2. Unzulässigkeit der Vereinbarung von Strafklauseln zur Durchsetzung
Der BGH (Beschl. v. 31.1.2024 – XII ZB 385/23, FamRZ 2024, 603 m. Anm. Rake = MDR 2024, 446 = NJW 2024, 1256 = FamRB 2024, 147 m. Hinweis Schwamb) erachtet Vertragsstrafen und vertragsstrafenähnliche Klauseln zur Durchsetzung einer elterlichen Umgangsvereinbarung in aller Regel für unzulässig. Die Regelung in einem zwischen geschiedenen Ehegatten geschlossenen gerichtlichen Vergleich, welche die Fälligkeit einer ratenweise zu zahlenden Zugewinnausgleichsforderung mit der tatsächlichen Gewährung von Umgang mit den gemeinsamen Kindern verknüpft, ist jedenfalls dann sittenwidrig, wenn sie dazu bestimmt ist, die vereinbarte Umgangsregelung unter Ausschluss einer gerichtlichen Kontrolle am Maßstab des Kindeswohls erzwingbar zu machen.
3. Umgang mit dem in Haft oder einer Anstalt befindlichen Vater
Das OLG Oldenburg (Beschl. v. 24.7.2023 – 11 UF 77/23, FamRZ 2024, 188 m. Anm. Jokisch) betont, dass gem. § 1684 Abs. 1 BGB jedes Kind ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen hat und jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt ist. Das Umgangsrecht kann gem. § 1684 Abs. 4 BGB nur eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist und einer Gefährdung durch den Umgang nicht durch andere Maßnahmen wirksam begegnet werden kann. Das OLG geht davon aus, dass Umgangskontakte in einer Strafanstalt das Kindeswohl beeinträchtigen können und geeignete Lösungen zu suchen sind. Im entschiedenen Fall bestand kein Grund für einen völligen Kontaktausschluss des inhaftierten, ausreisepflichtigen Vaters mit seinem knapp zweijährigen Kind. Das Gericht ermöglichte einen Kontakt mit der Anordnung eines von den Eltern bereits praktizierten Online-Umgangs mittels Videokonferenz.
Kommt ein begleiteter Umgang eines vierjährigen Kindes mit seinem in einer Entziehungsanstalt befindlichen Vater in Betracht und erklärt sich die Anstaltsleitung damit einverstanden, so ist es nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. (Beschl. v. 22.8.2023 – 6 UF 119/23, FamRZ 2024, 191 m. Anm. Jokisch) Aufgabe des Familiengerichts, im Rahmen der Amtsermittlung eine mitwirkungsbereite Begleitperson zu ermitteln. Es darf die Regelung eines begleitenden Umgangs nicht allein deshalb ablehnen, weil dem Jugendamt kein mitwirkungsbereiter Dritter und kein Fahrdienst bekannt ist. Ein Ausschluss des begleitenden Umgangs ist erst gerechtfertigt, wenn alle diesbezüglichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
4. Ausschluss und Einschränkung des Umgangs
a) Erforderlichkeit des Kindesschutzes
Das BVerfG (FamRZ 2024, 524 m. Anm. Jokisch) hat erneut den Schutz des Umgangsrechts eines Elternteils durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG herausgestellt. Eine Einschränkung oder ein Ausschluss kommt nur in Betracht, wenn nach den Umständen des Einzelfalles der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner Entwicklung abzuwenden...