Bloße Unannehmlichkeiten und landestypische Vorkommnisse muss der Reisende dulden. Leichte Mängel berechtigen zum Abhilfeverlangen, zum Aufwendungsersatz und zur Minderung des Reisepreises. Erst wenn die Reise erheblich beeinträchtigt wird, erhält der Reisende das Recht, den Reisevertrag zu kündigen. Eine erhebliche Beeinträchtigung i.S.d. § 651e Abs. 1 S. 1 BGB ist für jeden Einzelfall der Beanstandung unter Berücksichtigung der konkreten Mängel und vereinbarten Reiseleistungen zu bestimmen, wobei die vom Reisenden errechnete Minderungsquote einen ersten Anhalt geben kann (OLG Frankfurt/M. NJW-RR 2005, 132 [keine starren Prozentsätze]).
Eine Gesamtschau aller Umstände soll ergeben, ob dem Reisenden die Fortsetzung der Reise angesichts der Mängel zugemutet werden konnte (so OLG Frankfurt/M. NJW-RR 2005, 61). Der BGH hat sich (Urt. v. 7.10.2008, NJW 2009, 287, 288) unter Zitierung des OLG Frankfurt/M. dieser Auffassung angeschlossen und ausgeführt, in welchem Maße ein Mangel die Reise beeinträchtigt, ist aufgrund einer an Zweck und konkreter Ausgestaltung der Reise sowie Art und Dauer der Beeinträchtigung orientierten Gesamtwürdigung zu beurteilen. Ist die Fortsetzung der Reise dem Reisenden aus persönlichen, rein subjektiven Gründen, die in der Person des Reisenden begründet sind, unzumutbar, kann eine Kündigung nach § 651e Abs. 1 S. 2 BGB ausgesprochen werden.
Hinweis:
Die Kündigung kann schlüssig durch endgültige Abreise aus der Hotelanlage oder durch Erklärung gegenüber dem Veranstalter bzw. seinem Vertreter am Reiseort, i.d.R. der Reiseleitung (kein Adressat der Kündigung sind die Leistungsträger vor Ort bzw. das Reisebüro, da sie keine Vertreter, sondern lediglich Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters sind), erfolgen. Die ordnungsgemäße Kündigung verlangt jedoch die Möglichkeit des Reiseveranstalters der vorherigen Abhilfe durch Setzung einer angemessenen Frist.
Zwar verliert der Reiseveranstalter durch die Kündigung den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis, jedoch ist für den Reisenden zu beachten, dass der Veranstalter stattdessen eine Entschädigung verlangen kann (§ 651e Abs. 3 BGB). Durch die Verweisung auf § 638 Abs. 3 BGB gelten zur Berechnung der Entschädigung des Veranstalters die Grundsätze der Reisepreisminderung. Der Veranstalter kann als Entschädigung den Anteil am Gesamtreisepreis verlangen, der demjenigen der mangelfreien, vertraglich insgesamt vorgesehenen Reiseleistung entspricht (Palandt/Sprau, BGB, § 651e Rn. 5). Dies gilt nicht, soweit auch diese Leistungen infolge der Aufhebung des Vertrags für den Reisenden kein Interesse mehr haben, § 651e Abs. 3 S. 3 BGB. Der Reisende hat in diesem Fall einen Anspruch auf Rückzahlung des gesamten Reisepreises aus § 651e Abs. 3 S. BGB, wobei in der Rechtsprechung strittig ist, ob der Reisende auch die Kosten einer Reiserücktrittsversicherung zurückfordern kann (bejahend: OLG Frankfurt/M. RRa 2005, 61 [fehlgeschlagene Aufwendungen]; verneinend: OLG Celle RRa 2005, 17 [rein persönliche Absicherung des Reisenden]).
Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, bis zur Rückbeförderung des Reisenden die notwendigen Maßnahmen, z.B. Weitergewährung einer Unterkunft und Verpflegung (Tonner, Der Reisevertrag, § 651e Rn. 24; Führich, Reiserecht, Rn. 380) und, falls der Pauschalreisevertrag auch die Rückbeförderung umfasste, diese auf seine Kosten zu veranlassen, vgl. § 651e Abs. 4 BGB. Dabei muss der Reiseveranstalter alle Möglichkeiten der Beförderung ausschöpfen, um eine Rückreise innerhalb von ein bis zwei Tagen nach der Kündigungserklärung des Reisenden zu organisieren (LG Frankfurt/M. NJW 1985, 143; OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 1175).
Hinweis:
Vom Kündigungsrecht nach § 651e BGB wegen Mängeln zu unterscheiden ist das Recht des Reisenden zur Kündigung wegen höherer Gewalt (§ 651j BGB) und dem Rücktrittsrecht nach § 651i BGB vor Reiseantritt. Erhebliche Mängel der Reise können auch Folge höherer Gewalt sein, z.B. Hotelbeschädigung nach Hurrikan oder Tropensturm (zur Anspruchskonkurrenz: Tempel NJW 1997, 621, 624 m.w.N.).