1. Einführung
Die Pauschalreise findet ihre Rechtsgrundlage in Deutschland in den §§ 651a bis 651m BGB. In Zweifelsfällenist zur richtlinienkonformen Auslegung die europäische Vorgabe (EG-Richtlinie 90/314/EWG vom 13.6.1990, ABl. EG Nr. L 158, S. 59) heranzuziehen.
a) Anwendung § 651a BGB
Gemäß § 651a BGB ist ein Vertrag immer dann als Reisevertrag zu qualifizieren, wenn der Reiseveranstalter verpflichtet ist, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu erbringen (bei der klassischen Pauschalreise die Beförderung und die Beherbergung des Reisenden). Inzwischen werden sog. erhebliche Einzelleistungen eines Reisevertrags auch bei Leistungs-Kombinationen anerkannt (LG Frankfurt/M. NJW-RR, 1990, 760 f. [Unterkunft und Sprachkurs]; LG Frankfurt/M. NJW-RR 1993, 823 f. [Flug- und Wohnmobil]; OLG München NJW-RR 1995, 1522 [Segeltour und Skipper]). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGHZ 130, 128 = NJW 1995, 2629) ist für die Annahme eines Pauschalreisevertrags nicht entscheidend, wie viele Einzelleistungen der Veranstalter anbiete, sondern ob er die Reise in eigener Verantwortung durchführe.
Hinweis:
Somit liegt immer dann ein Reisevertrag nach § 651a BGB vor, wenn eine Gesamtheit von mindestens zwei Hauptreiseleistungen zu einem Leistungspaket vom Reiseveranstalter verbunden wird und die Leistungserbringung eigenverantwortlich erfolgt.
Nach diesen Grundsätzen fällt auch die Ferienhausvermittlung (BGHZ 119, 152 = NJW 1992, 3158) oder die Kreuzfahrt (BGH NJW 2013, 1674) in den Anwendungsbereich des Reisevertragsrechts. Der EuGH geht hier noch weiter und entschied, dass die Bündelung der einzelnen Reiseleistungen bei Vertragsschluss für die Anwendung der Pauschalreise genügt (EuGH, Urt. v. 30.4.2002 – C-400/00, RRa 2002, 119 ["Club-Tour"]).
b) Vertragsabschluss
Mit der Buchungsbestätigung, spätestens mit Zugang der schriftlichen Reisebestätigung nimmt der Reiseveranstalter das Angebot des Kunden an. Der Reisevertrag kommt somit mit Angebot (des Reisenden) und Annahme (des Reiseveranstalters) zustande. Die (noch) überwiegende Zahl der Reiseverträge wird im Reisebüro abgeschlossen, so dass ein unmittelbarer Kontakt zwischen den Vertragspartnern (Veranstalter und Reisender) nicht stattfindet.
Weicht die Buchungsbestätigung vom Antrag des Kunden ab, so ist dies i.d.R. als neues Angebot i.S.d. § 151 BGB auf Abschluss des Reisevertrags zu werten, das der Kunde durch Anzahlung des Reisepreises konkludent annimmt (AG München RRa 2007, 177). Wird eine Einigung über die gebuchten Reiseleistungen nicht erreicht, kann ein Fall des offenen Dissenses vorliegen, auch wenn der Kunde die Reise bezahlt und antritt, den abweichenden Reiseleistungen des Veranstalters jedoch widerspricht (AG Hannover, Urt. v. 17.10.2006 – 445 C 10306/06, RRa 2007, 174).
Hinweis:
Der Reiseveranstalter ist ausdrücklich verpflichtet, dem Reisenden bei oder unverzüglich nach Vertragsabschluss eine Reisebestätigung mit den in der BGB-InfoV (Verordnung über Informationen nach bürgerlichem Recht, BGBl. I 1994, S. 3436, geändert BGBl. I 2002, S. 342) vorgesehenen Daten auszuhändigen (vgl. § 651a Abs. 3 BGB).
Reisebuchungen erfolgen zunehmend über Online-Plattformen. Die Webseite des Anbieters – wie im normalen Geschäftsleben das Prospekt – ist dabei lediglich als invitatio ad offerendum zu werten (s.a. OLG Oldenburg CR 1993, 558; LG Essen MMR 2004, 49; Eckert DB 1994, 717, 718; Wagner WM 1995, 1129; Ernst NJW-CoR 1997, 165; H. Köhler NJW 1998, 185, 187; Waldenberger BB 1996, 2365; Hoeren/Sieber/Mehrings, Handbuch Multimedia-Recht, März 2008, 13.1 Rn. 52 ff.). In dieser Aufforderung zum Vertragsabschluss müssen jedoch schon bereits alle wesentlichen Bestandteile des Reisevertrags, wie Reisepreis und Reiseleistungen, genannt sein. Lässt der Reiseveranstalter z.B. den Reisepreis offen oder durch den Kunden vollständig bestimmen, stellt dies eine unzulässige Werbung dar (OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.11.2000 – 2 U 49/00 [Biet & Flieg]). Fehlende Endpreise der Flugtickets stellen zudem einen Verstoß gegen die EU-Verordnung zur Transparenz von Flugpreisen dar (VO (EG) Nr. 1008/08 v. 24.09.2008, ABl. L 239 v. 31.10.2008).
Auch wenn die Online-Buchung ein klassisches Distanzgeschäft i.S.d. Fernabsatzgesetzes (FernAbsG, BGBl. 2000 I, S. 897, modernisiert durch Gesetz zur Umsetzung Verbraucherrechtelinie v. 20.9.2013, BGBl. 2013 I, Nr. 58 S. 3642, eingefügt in das BGB §§ 312 ff.) darstellt, greift das zwei-wöchige Widerrufs- oder Rücktrittsrecht bei Reisebuchungen per Internet oder sonstiger Fernkommunikation nicht ein. Für Dienstleistungen in den Bereichen der Unterbringung, Beförderung sowie Freizeitgestaltung gilt einer der Anwendungsausnahmen, vgl. § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB. Unabhängig davon sind die Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 312i BGB einzuhalten.
c) Allgemeine Reisebedingungen (ARB)
Neben der Reisebestätigung sind die Allgemeinen Reisebedingungen wesentlich für den Vertragsinhalt.
Für die Einbeziehung i.S.d. § 305 Abs. 2 BGB der ARB in den Reisevertrag genügt die Möglichkeit der Einsichtnahme des Reisekatalogs im Reisebüro nicht mehr au...