In vielen Kanzleien besteht hinsichtlich des Umgangs mit beA-Karten und PIN für das beA Unsicherheit.
Frage:
Ist es zulässig, PIN und beA-Karte bzw. PIN und beA-Karte Signatur weiterzugeben?
Die Bundesnetzagentur hält zur Frage der Weitergabe von Signaturkarte und PIN unter "Häufig gestellte Fragen" ( www.bundesnetzagentur.de – "Die Bundesnetzagentur" – "Qualifizierte elektronische Signatur" – "FAQ/Häufig gestellte Fragen") fest:
Was passiert wenn Signaturkarte und PIN an eine andere Person weitergegeben werden?
Dem Signaturschlüssel-Inhaber kommen gegen einen Missbrauch des elektronischen Äquivalents seiner eigenhändigen Unterschrift im elektronischen Rechtsverkehr zwei Sicherungsmittel zugute. Diese sind einerseits der Besitz der Signaturkarte, auf der das ihm zugeordnete qualifizierte Zertifikat und der geheime, nicht auslesbare Signaturschlüssel aufgebracht sind, und andererseits das Wissen der Signatur-PIN zur Verwendung dieses Schlüssels.
Gibt der Signaturschlüssel-Inhaber die Signaturkarte einschließlich der PIN an eine andere Person weiter, gibt er zugleich die Mittel zur Erzeugung der elektronischen Form seiner eigenhändigen Unterschrift an diese weiter. Diese Weitergabe ist aber für den Empfänger der qualifiziert elektronisch signierten Daten nicht erkennbar. Aus seiner Sicht hat der Signaturschlüssel-Inhaber diese Signatur erstellt. Deshalb tritt die andere Person, die mit der weitergegebenen Signaturkarte signiert, nach außen nicht als Vertreter des Signaturschlüssel-Inhabers auf, sondern als Signaturschlüssel-Inhaber selbst. Die rechtlichen Folgen treffen also zunächst den Signaturschlüssel-Inhaber unmittelbar. Bei einem möglichen Missbrauch der Signaturmittel (Karte und PIN) ist somit der Signaturschlüsselinhaber mit dem Beweis des Missbrauchs belastet.
Insbesondere in Verfahren, in denen Anwaltszwang herrscht, kann daher auch der Missbrauch der Signaturkarte (d.h. Nutzung durch andere als den Signaturkarteninhaber) zur Unwirksamkeit von Rechtshandlungen führen.
Der BGH hat hierzu schon 2010 entschieden (Beschl. v. 21.12.2010 – VI ZB 28/10, NJW 2011, 1294 = AnwBl 2011, 295 = BGHZ 188, 38 = MDR 2011, 251): "Bei einer elektronisch übermittelten Berufungsbegründung muss die qualifizierte elektronische Signatur grundsätzlich durch einen zur Vertretung bei dem Berufungsgericht berechtigten Rechtsanwalt erfolgen. Dieses Formerfordernis ist jedenfalls dann nicht gewahrt, wenn die Signatur von einem Dritten unter Verwendung der Signaturkarte des Rechtsanwalts vorgenommen wird, ohne dass dieser den Inhalt des betreffenden Schriftsatzes geprüft und sich zu Eigen gemacht hat."
Nach Ansicht des LG Potsdam kann ein postulationsfähiger Anwalt zwar einen Schriftsatz für den Kollegen qualifiziert elektronisch signieren, wenn er den Schriftsatz durchgelesen und sich dessen Inhalt zu eigen gemacht hat; er hat hierbei aber seine eigene Signaturkarte und nicht die des Kollegen zu verwenden (LG Potsdam, Urt. v. 29.4.2010 – 11 S 104/09, BeckRS 2011, 01426).
Der Anwalt hat darüber hinaus die Signatureinheiten vor Missbrauch zu schützen und die PIN geheim zu halten, vgl. § 6 Nr. 2 SigV. Die qualifizierte elektronische Signatur ist vom Anwalt persönlich anzubringen (BGHZ 188, 38 = NJW 2011, 1294, Rn 8; Bacher NJW 2015, S. 2754 [li. Sp.]). Das Verbot der Weitergabe der Signaturkarte ergibt sich aber auch bereits aus dem Signaturgesetz (vgl. Roßnagel BB 2007, 1233, 1235).
Hinweis:
Notare haben – im Gegensatz zu Anwälten – Signaturkarten z.T. schon wesentlich länger in Gebrauch, so dass hier bereits zu einigen Fragen Antworten vorliegen, die möglicherweise auch anwaltliche Fragen zu Signaturkarten beantworten können.
Für den Notar ergibt sich die Pflicht zur Eigenverwendung der Signaturkarte unter anderem auch aus § 39a S. 4 BeurkG. Bei Notaren zieht beispielsweise ein Verstoß gegen die Eigennutzung der Signaturkarte die Unwirksamkeit von Urkunden nach sich (BT-Drucks 5/3282, 24; BayObLGZ 1983, 101, 106; Eylmann/Vaasen/Eylmann, BeurkG, 2. Aufl. 2004, Einl. Rn 6; Winkler, BeurkG, 16. Aufl. 2008, Einl. Rn 13).
Darüber hinaus kommt bei Notaren ggf. eine Strafbarkeit nach § 269 StGB (Fälschung beweiserheblicher Daten) in Betracht. Möglicherweise wird die rechtswidrige Nutzung einer Signaturkarte durch eine andere Person als Fälschung technischer Aufzeichnungen nach § 268 StGB oder Missbrauch von Ausweispapieren i.S.d. § 281 StGB zu behandeln sein. Die Bundesnotarkammer weist sogar auf ihrer Homepage darauf hin, dass bei der Notarprüfung nicht nur die Notare sondern auch die Angestellten zur Nutzung der Signaturkarte befragt werden können und auf Grundlage der hier gegebenen Antworten ggf. eine berufs- und strafrechtliche Verfolgung ausgelöst wird:
Hier heißt es unter anderem:
Zitat
"Würde die Signatur von einer anderen Person als dem Notar selbst...