(BGH, Urt. v. 16.6.2016 – IX ZR 23/15) • Da es für die zur Deckungsanfechtung gem. § 130 InsO maßgebliche Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners genügt, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen und dem Verhalten des Schuldners bei natürlicher Betrachtung den Schluss ziehen muss, dass jener wesentliche Teile, d.h. 10 % oder mehr, seiner ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten im Zeitraum der nächsten drei Wochen nicht wird tilgen können, stellt ein – trotz vereinzelter Zahlung – innerhalb weniger Monate sprunghaft angestiegene Zahlungsrückstand schon ein gewichtiges Indiz für die Kenntnis der Zahlungseinstellung dar (vgl. BGH, Urt. v. 30.6.2011 – IX ZR 134/10). Diese anfechtungsrelevante Bewertung gilt erst Recht, wenn der Schuldner zudem in einem an die Gläubigerin gerichteten Schreiben ankündigt, selbst im Falle des Zuflusses liquider Mittel die Zahlungsrückstände nur durch eine Einmalzahlung sowie zwanzig folgende Monatsraten bedienen zu können. Denn dadurch offenbart der Schuldner eindeutig und unmissverständlich die eigene Zahlungsunfähigkeit. Hinweis: Für den Wirtschaftsverkehr sind Ratenzahlungsvereinbarungen, mit der die von der Vereinbarung erfassten Verbindlichkeiten gestundet und im Rahmen der Zahlungsunfähigkeitsprüfung unberücksichtigt bleiben können, zwar unerlässlich, die Rechtsprechung des BGH hat in jüngerer Vergangenheit aber zunehmend zu einer Verunsicherung darüber geführt, ob und ggf. wie solche Ratenzahlungsvereinbarungen überhaupt noch anfechtungsfest ausgestaltet werden können (vgl. BGH, Urt. v. 25.2.2016 – IX ZR 109/15; Köper/Pfoser ZInsO 2014, 2341 ff.; Iliou ZInsO 2014, 640 ff.). Wenn allein schon die Bitte des Schuldners um Zahlungserleichterung sowie das Hinzutreten weiterer Umstände den Schluss auf eine Kenntnis des Gläubigers von dessen Zahlungsunfähigkeit rechtfertigen soll, hat der Gesetzgeber reagiert und beabsichtigt – im Zuge der anstehenden Novellierung zu § 133 InsO – genau den gegenteiligen Schluss zu ziehen, nämlich das der Gläubiger gerade keine entsprechende Kenntnis hatte (vgl. § 133 Abs. 3 S. 2 InsO-E; dazu Ganter WM 2015, 2117 ff.; Schädlich nwb 51/2015, S. 3825 ff.), was in der künftigen Praxis sicherlich die insolvenzrechtliche Ausgangslage für Gläubiger verbessern wird (kritisch aber: Brinkmann/Jacoby/Thole ZIP 2015, 2001 ff.).
ZAP EN-Nr. 640/2016
ZAP F. 1, S. 952–952