a) Sicherheitsabstand
Die StVO regelt nicht konkret, welcher Abstand zum Vordermann eingehalten werden muss. § 4 Abs. 1 StVO bestimmt nur, dass der Abstand von einem vorausfahrenden Fahrzeug i.d.R. so groß sein muss, dass auch dann hinter ihm gehalten werden kann, wenn plötzlich gebremst wird. In der Praxis wird der erforderliche Sicherheitsabstand i.d.R. mit der Anwendung einer "Faustregel" bestimmt. Danach gilt als erforderlicher Sicherheitsabstand allgemein der "halbe Tachoabstand". Hierbei handelt es sich allerdings nur um einen unverbindlichen Maßstab (AG Homburg/Saar DAR 1998, 31). Die obergerichtliche Rechtsprechung ermittelt den Sicherheitsabstand genauer. Nach der Rechtsprechung darf der Sicherheitsabstand zwischen zwei Kfz auf einer Schnellstraße den von dem nachfolgenden Kfz in 1,5 sec. zurückzulegenden Weg grundsätzlich nicht unterschreiten (vgl. u.a. OLG Düsseldorf VRS 74, 451; OLG Hamm VRS 55, 211; OLG Köln VRS 67, 286; Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 83).
Hinweis:
Nach Nr. 12.5 ff., Tabelle 2 BKatV ist bei der Bemessung des Sicherheitsabstands im Rahmen der Bußgeldbemessung aber vom halben Tachowert auszugehen (BayObLG NJW 1988, 273 m.w.N.). Daran ist der Tatrichter gebunden.
Davon zu unterscheiden ist noch der gefährdende Abstand. Er liegt vor, wenn der Sicherheitsabstand geringer ist als die in 0,8 sec. durchfahrene Strecke (vgl. u.a. OLG Köln NZV 1992, 371 = VRS 83, 339).
b) Sonderfall: Lkw
In § 4 Abs. 3 StVO ist allerdings konkret bestimmt, dass Lastkraftwagen über 3,5 t oder Omnibusse, wenn eine höhere Geschwindigkeit als 50 km/h auf einer BAB gefahren wird, 50 m Mindestabstand einzuhalten haben. Auf eine konkrete Gefährdung wird dabei nicht abgestellt. Es handelt sich auch nicht nur um einen "Einscherabstand", sondern um einen konkret bestimmten Sicherheitsabstand. Dieser Abstand ist daher auch auf Strecken einzuhalten, auf denen das Überholen verboten oder wegen einer durchgehenden Fahrstreifenbegrenzung faktisch nicht möglich ist. Die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVO ist im Geltungsbereich des § 4 Abs. 3 StVO nicht anzuwenden (OLG Saarbrücken VRS 110, 369).
Hinweis:
Nach Auffassung des AG Lüdinghausen liegt ein Grenzfall des Verstoßes gegen § 4 Abs. 3 StVO vor, wenn der Betroffene bei einer sich an die Untergrenze des § 4 Abs. 3 StVO annähernden Geschwindigkeit den für Pkw geltenden "Halben-Tacho-Abstands" einhält (hier: Geschwindigkeit von 56 km/h; Abstand zum Vordermann: 37 m). In einem solchen Grenzfall könne dann bei einem Lkw-Fahrer eine Geldbuße unterhalb der Eintragungsgrenze für das Fahreignungsregister (FAER) festgesetzt werden (AG Lüdinghausen, Beschl. v. 20.6.2016 – 19 OWi-89 Js 891/16-87/16).