I. Einleitung
Der vergangene Berichtszeitraum war geprägt durch die beiden großen mietrechtlichen Veranstaltungen, dem Deutschen Mietgerichtstag in Dortmund und den Fachgesprächen des Evangelischen Siedlungswerkes in Berchtesgaden. Auf beiden Veranstaltungen wurden vor allem die für die Praxis bedeutsamen Änderungen der Rechtsprechung des VIII. Senats – leider in diesem Jahr ohne Teilnahme der Senatsmitglieder – kontrovers diskutiert. Insbesondere die Entscheidungen zum Zurückbehaltungsrecht (BGH NZM 2015, 618 = WuM 2015, 568 = GE 2015, 1089 = MietPrax-AK § 112 InsO Nr. 1 m. Anm. Börstinghaus; BGH WuM 2016, 98 = MietPrax-AK § 543 BGB Nr. 38 m. Anm. Börstinghaus; grundlegend dazu jetzt Hinz ZMR 2016, 253) und die Bolzplatzentscheidungen (BGH GE 2015, 849 = WuM 2015, 478 = ZMR 2015, 697 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 51 m. Anm. Eisenschmid; jetzt grundlegend dazu Flatow WuM 2016, 459) werden in Zukunft die Praxis vor gewisse Probleme stellen. Zu den Auswirkungen der Bolzplatzentscheidung auf Nachbar-Bauvorhaben: Klimesch ZMR 2016, 516.
Der Gesetzgeber ist bis zur vorletzten Sommerpause vor der nächsten Bundestagswahl im Mietrecht nicht mehr groß tätig geworden. Die Parteien scheinen sich vor den Wahlkampf jeweils in Stellung zu bringen. Dazu zählt auch das Säbelgerassel aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zu einer vermeintlichen Verschärfung der Regelungen zur Mietpreisbremse. Es ist kaum zu erwarten, dass der Koalitionspartner hier mitmachen wird. Der Entwurf für ein 2. Mietrechtsnovellierungsgesetz steckt ebenfalls seit Monaten in der Ressortabstimmung fest, weil der Bundesjustizminister den Koalitionsvertrag für sich sehr weit auslegt. Hinzu kommt, dass die Flüchtlingswelle dringend den Bau neuer Mietwohnungen erfordert und jede Verschärfung des Mietrechts hier mindestens kontraproduktiv wäre. Das Bundesbauministerium möchte deshalb sogar gerne einen Teil der Föderalismusreform aus dem Jahre 2006 rückgängig machen und wieder Zuständigkeiten im Bereich des sozialen Mietrechts zurückerhalten.
II. Abschluss und Inhalt des Mietvertrags
1. Annahmefrist
Gemäß § 147 Abs. 2 BGB kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Das kann auch im Mietrecht zu Problemen führen, wenn Vertragsexemplare hin und her geschickt werden müssen und in großen Unternehmen langwierige Entscheidungsprozeduren ggf. noch mit Betriebsferien dazwischenkommen. Bis genau zu welchem Zeitpunkt ein Vertragsangebot unter Abwesenden angenommen werden kann, ist jeweils eine Einzelfallentscheidung. Nach Ansicht des BGH (GE 2016, 455 = NJW 2016, 1441 = NZM 2016, 356 = MietPrax-AK § 147 BGB Nr. 1 m. Anm. Börstinghaus; Burbulla MietRB 2016, 129; Sittner NZM 2016, 360) kann der einen gewerblichen Mietvertrag Antragende regelmäßig jedenfalls binnen zwei bis drei Wochen erwarten, dass sein in Aussicht genommener Vertragspartner die Annahme des Angebots erklärt. Die Tage "zwischen den Jahren" sind ggf. zusätzlich hinzuzurechnen. Betriebsferien bis "Heilige Drei Könige" rechtfertigen aber keine weitere Verlängerung. Die Rechtzeitigkeit der Annahme eines Vertragsangebots hat dabei grundsätzlich derjenige darzulegen und zu beweisen, der den Vertragsschluss behauptet und daraus Rechtsfolgen ableitet. Wurde das Angebot verspätet angenommen, gilt dies bekanntlich nach § 150 Abs. 1 BGB selbst wiederum als Angebot. Wenn aber beide Vertragsparteien zu diesem Zeitpunkt davon ausgingen, dass der Vertrag bereits durch die verspätete Annahmeerklärung zustandegekommen ist, fehlt es an dem für eine Willenserklärung erforderlichen Bewusstsein, dass noch rechtsgeschäftliche Erklärungen erforderlich sind, so dass auch dann kein Vertragsschluss vorliegt.
2. Abgrenzung Miet- zum Leihvertrag
Die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung von Wohnräumen ist regelmäßig auch bei einer langen Vertragslaufzeit Leihe und keine Miete und deshalb selbst dann nicht formbedürftig, wenn das Recht des Verleihers zur Eigenbedarfskündigung vertraglich ausgeschlossen ist (BGH DWW 2016, 103 = WuM 2016, 227 = MDR 2016, 509 = ZMR 2016, 364 = NZM 2016, 484 = MietPrax-AK § 598 BGB Nr. 1 m. Anm. Börstinghaus; Drasdo NJW-Spezial 2016, 322; Bogdahn NZM 2016, 488).
3. Erlöschen des Mietvertrags durch Konfusion
Es ist nicht häufig, kommt aber vor: Einer von mehreren Mietern erwirbt das Grundstück, z.B. auch durch Ausübung eines Vorkaufsrechts gem. § 577 BGB nach Umwandlung des vermieteten Wohnraums in Eigentumswohnungen. In diesem Fall wird er gem. § 566 BGB Vermieter, da er aber auch Mieter ist, erlischt der Mietvertrag insgesamt. Ein Mietverhältnis kann in diesen Fällen nämlich nicht gem. § 566 BGB wirksam entstehen, wenn auf Nutzerseite eine Person beteiligt ist, die zugleich auch eine Vermieterstellung einnimmt. Der Mietvertrag erlischt deshalb insgesamt durch Konfusion, wenn der Mieter nachträglich das mit dem Recht zur Gebrauchsnutzung verbundene Eigentum an der Mietsache erwirbt. Dass noch mindestens ein weiterer Mieter vorhanden ist, ändert an der Sachlage nichts (BGH WuM 2016, 341 = GE 2016, ...