Aus dem Bereich der verkehrsstrafrechtlichen Fragestellungen ist auf folgende Entscheidungen hinzuweisen:
1. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)
a) Wartepflicht/Unfallort
Das OLG Karlsruhe hat inzidenter zu den Voraussetzungen des § 142 StGB Stellung genommen, und zwar einmal zur Wartepflicht und dann auch zur Frage des Unfallortes (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.11.2016 – 2 Ws 325/16, VRS 131, 1 = VRR 3/2017, 14). Ereignet hatte sich der Verkehrsunfall mit einem Sachschaden von rund 7.500 EUR an zwei anderen Pkw nachts gegen 1:45 Uhr innerorts. Der Angeklagte hatte danach "höchstens fünf Minuten" gewartet und war dann weiter gefahren. Nach etwas mehr als zwei Kilometern Entfernung von der Unfallstelle endete die Fahrt des Angeklagten auf einem Parkplatz, weil sein Pkw im Motorbereich zu brennen begonnen hatte. Das OLG (a.a.O.) verliert in seiner Entscheidung, die an sich eine andere Frage zum Gegenstand hatte, ausdrücklich kein Wort zu den Voraussetzungen des § 142 StGB. Daraus kann man nur schließen: Fünf Minuten Wartezeit sind bei dem Sachschaden auch nachts um 1:45 Uhr zu kurz, und zwei Kilometer Entfernung von der Unfallstelle sind kein "Unfallort" mehr. Beides ist m.E. zutreffend (vgl. zu den Fragen "Wartezeit" und "Unfallort" die Zusammenstellungen der Rechtsprechung bei Burhoff, in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Aufl. 2015, § 4 Rn 443, 465 ff.).
b) (Teil)Verzicht des Geschädigten auf Personalienfeststellung
Die Frage, die sich dem OLG Hamburg vor kurzem in einem Verfahren wegen des Vorwurfs des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) stellte, war: Liegt eine Verkehrsunfallflucht vor, wenn der Geschädigte offenbar zumindest teilweise auf die Feststellung der Personalien des anderen Unfallbeteiligten verzichtet? Das OLG Hamburg hat die Frage verneint (vgl. Beschl. v. 30.5.2017 – 2 Rev 35/17). Nach dem Sachverhalt war es zu einem Zusammenstoß gekommen. Der Schaden am Pkw der Geschädigten betrug 1.400 EUR. Die Geschädigte kündigte nach dem Zusammenstoß an, mit ihrem Handy die Polizei zu rufen, tat das aber nicht, sondern fertigte Fotos der Fahrzeuge an. Danach forderte sie die Angeklagte mehrfach auf, ihre Personalien mitzuteilen, was diese jedoch nicht tat. Etwa 15 Minuten später ist die Angeklagte dann mit ihrem Pkw weggefahren.
Das OLG Hamburg (a.a.O.) ist davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Fällen wie diesem teleologisch zu reduzieren sei. Ein Unfallbeteiligter sei strafrechtlich – anders als nach § 34 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b StVO – nur zur Angabe, dass ein Unfall geschehen und er daran beteiligt ist, verpflichtet, nicht hingegen zur Angabe seiner Personalien. Er müsse, wenn er sich weigert, seine Daten anzugeben, zwar das Eintreffen der vom Unfallgegner herbeigerufenen Polizei abwarten, was aber dann nicht gelte, wenn der andere diese nicht rufen wolle. Dies sei der Fall gewesen, weshalb die Angeklagte sich nicht wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar gemacht habe (zu § 142 StGB s. auch Burhoff, in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, a.a.O., § 4 Rn 383 ff.).
2. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr/Straßenverkehrsgefährdung (§§ 315b, 315c StGB)
a) Verurteilung nach § 315b StGB
Die obergerichtliche Rechtsprechung bestätigt immer wieder: Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gem. § 315b Abs. 1 StGB liegt erst dann vor, wenn durch eine der in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat. Danach kann ein willkürliches Abbremsen bei hoher Geschwindigkeit, um den nachfolgenden Kraftfahrzeugführer zu einer scharfen Bremsung oder Vollbremsung zu zwingen, einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr durch Hindernisbereiten i.S.d. § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen (vgl. BGH NZV 2016, 533 = VA 2017, 15). Der gefährliche Eingriff kann im Übrigen auch von einem Mitfahrer begangen werden (vgl. noch BGH, Beschl. v. 15.3.2017 – 4 StR 53/17, VRR 5/2017, 2 [Ls.] = VA 2017, 126 = NStZ-RR 2017, 224 [Ls.] und OLG Hamm, Beschl. v. 31.1.2017 – 4 RVs 159/16, VRS 131, 138 = DAR 2017, 391 = VRR 4/2017, 14).
Die obergerichtliche Rechtsprechung weist zudem immer wieder darauf hin (s. zuletzt BGH a.a.O. und OLG Hamm a.a.O.), dass die Tathandlung des § 315b StGB über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Situation geführt haben muss, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache im Sinne eines "Beinaheunfalls" so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (vgl. nur BGH VRR 10, 70). Bei Vorgängen im fließenden Verkehr muss zu einem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Absicht ferner hinzukommen, dass das Fahrzeug mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz missbraucht wurde (BGHSt 48, 233, 237 f.; NStZ 14, 86). Zudem müssen auch Feststellungen zum Wert der beteiligten Fahrzeuge getro...