Strittig ist, ob der Anwalt auch dann eine 1,5-Gebühr nach Nr. 1000 VV RVG erhält, wenn einer der Parteien für den Mehrwert des Vergleichs Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist (s. unten V. 3.). Zutreffenderweise ist dies zu bejahen. Die Erstreckung der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe auf den Mehrwert eines Vergleichs führt nicht zu einer Anhängigkeit im Prozess- oder Verfahrenskostenhilfeverfahren i.S.d. Nr. 1003 VV RVG, da insoweit keine Erfolgsaussicht geprüft wird. Daher ist in Anm. Abs. 1 S. 1 zu 1003 VV RVG ausdrücklich klargestellt, dass der Abschluss eines Mehrvergleichs, für den ebenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, nicht zur Reduzierung der Einigungsgebühr führt (LAG Bremen AGS 1997, 15 = zfs 1997, 148; LAG Baden-Württemberg AGS 2016, 323 = NJW-Spezial 2016, 700 [unter Aufgabe der bisherigen Rspr.]; OLG Düsseldorf AGS 2014, 503 = AnwBl 2015, 100 = NZA-RR 2015, 48 = JurBüro 2015, 28 = NJW-Spezial 2014, 700 = FA 2014, 379; AGS 2014, 505 = NZA-RR 2014, 661 = JurBüro 2015, 73 = NJW-Spezial 2014, 764 = FA 2014, 380; OLG Hamm AGS 2016, 133).

Nach einer vor allem in der Arbeitsgerichtsbarkeit vertretenen Auffassung soll der Rechtsanwalt die Gebühr allerdings nur dann unvermindert erhalten, wenn die Prozesskostenhilfe nur zur Protokollierung der Einigung beantragt und das Gericht ausschließlich als „Beurkundungsorgan“ in Anspruch genommen wird (LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 18.11.2011 – 1 Ta 191/11; LAG Mainz Rpfleger 2011, 403; LAG Nürnberg NZA-RR 2009, 556 = ArbuR 2009, 371 = AE 2009, 349 = NZA 2010, 62; LAG München JurBüro 2017, 79 = NZA-RR 2017, 272; s. auch die ZAP Kolumne von Ponetsmüller ZAP 16/2018, S. 807 f.). Soweit der Vergleich zuvor vor Gericht erörtert worden ist, soll nur die ermäßigte 1,0-Gebühr nach Nr. 1003 VV RVG anfallen. Diese Auffassung ist gesetzeswidrig (s. Anm. Abs. 1 S. 1 zu 1003 VV RVG) und lässt sich nur mit fiskalischen Gründen erklären.

Ebenso eindeutig ist, dass die Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe nach § 48 Abs. 3 RVG (s. unten VI. 2.) ebenfalls nicht zu einer Anhängigkeit im Verfahrenskostenhilfe-Prüfungsverfahren führt. Auch das ist in Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1003 VV RVG ausdrücklich klargestellt.

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