Auch Beeinträchtigungen von Nachbargrundstücken können grds. einen Mangel der Mietsache darstellen. Seit der Bolzplatzentscheidung des BGH (BGHZ 205, 177 = GE 2015, 849 = NZM 2015, 481 = NJW 2015, 2177 = WuM 2015, 478 = ZAP EN-Nr. 573/2015 [LS] = DWW 2015, 250 = ZMR 2015, 697 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 51 mit Anm. Eisenschmid; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 12/2015 Anm. 2; Schach, MietRB 2015, 225; Föller, WuM 2015, 485; Drasdo, NJW-Spezial 2015, 513; Ghassemie-Tabar, NJW 2015, 2849; Blank, MDR 2015, 1114; Boos, LMK 2015, 373443, Selk, NZM 2015, 855; Schläger, ZMR 2016, 362; Flatow, WuM 2016, 459; Klimesch, ZMR 2016, 516) stellen nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen, die von einem Nachbargrundstück ausgehen, bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grds. keinen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung dar, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss. Insoweit hat der Wohnungsmieter an der jeweiligen Situationsgebundenheit des Mietgrundstücks teil. Die Entscheidung wurde in der Praxis äußerst kontrovers diskutiert. Es wurde auch die Auffassung vertreten, dass der Senat mit der Entscheidung von der Rechtsprechung des XII. Senats (BGH BGHZ 176, 191 = GE 2008, 981 = NJW 2008, 2497 = NZM 2008, 609 = GuT 2008, 280 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 20 mit Anm. Eisenschmid; Drasdo, NJW-Spezial 2008, 547; Lammel, jurisPR-MietR 19/2008 Anm. 3) abgewichen sei.
Der VIII. Senat hat seine Auffassung nunmehr gegen die Kritik verteidigt und sie auch auf einen Fall der Beeinträchtigungen durch eine Baulückenbebauung ausgeweitet und bestätigt (BGH WuM 2020, 407 = NZM 2020, 598 = GE 2020, 865 = MDR 2020, 847 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 61 mit Anm. Eisenschmid; Selk, NZM 2020, 632; Riecke, MietRB 2020, 196; Bieber, GE 2020, 835). Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle herrühren, bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grds. keinen gem. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss. Eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien könne nicht mit dem Argument bejaht werden, die Freiheit der Wohnung von Baustellenlärm werde regelmäßig stillschweigend zum Gegenstand einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien. Die bei einer Mietsache für eine konkludent getroffene Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Einigung komme nicht schon dadurch zustande, dass dem Vermieter eine bestimmte Beschaffenheitsvorstellung des Mieters bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr, dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert.
Macht der Mieter einen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung wegen Geräusch- und Schmutzimmissionen aufgrund von Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück geltend, richtet sich die Darlegungs- und Beweislast nicht nach den im Bereich des § 906 BGB bestehenden Regelungen, sondern nach den Grundsätzen des Wohnraummietrechts und insb. nach der dort grds. geltenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nach Verantwortungsbereichen. Danach hat der Mieter darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass die von ihm angemietete Wohnung Immissionen der vorbezeichneten Art ausgesetzt ist, die die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar beeinträchtigen, und dass es sich hierbei um eine wesentliche Beeinträchtigung i.S.d. § 906 Abs. 1 S. 1 BGB handelt (kritisch hierzu Selk, NZM 2020, 632, 635). Beruft sich der Vermieter gegenüber unstreitigen oder bewiesenen Gebrauchsbeeinträchtigungen darauf, Ansprüche nach § 906 BGB gegen den Verursacher nicht zu haben, hat er diejenigen dem Verhältnis zwischen ihm und dem Verursacher entstammenden Tatsachen, seien sie personen- oder grundstücksbezogen, darzulegen und zu beweisen, die in Anbetracht des bis dahin festgestellten Sachverhalts dazu führen, dass weder Abwehr- noch Entschädigungsansprüche bestehen.
Hinweis:
Zu dem Problemkreis ist beim VIII. Senat noch eine weitere Revision (VIII ZR 258/19) gegen das Urteil des LG Berlin (GE 2019, 1309) anhängig. Auch dort geht es um Lärmstörungen und Staubbelästigungen durch eine Baustelle auf einem Nachbargrundstück.