(BGH, Urt. v. 21.7.2021 – VIII ZR 254/20) • 1. Einem Fahrzeug fehlt die Eignung für die gewöhnliche Verwendung i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, wenn es bei Übergabe an den Käufer mit einer – den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierenden – Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG versehen ist, die gem. Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist. Denn in einem solchen Fall besteht eine (latente) Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde, sodass der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist (im Anschluss an Beschl. v. 8.1.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133).
2. a) Die Lieferung einer mangelfreien Sache gem. § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB beschränkt sich nicht zwangsläufig auf eine mit dem Kaufgegenstand (abgesehen von der Mangelhaftigkeit) identische Sache.
2. b) Vielmehr hängt die Möglichkeit einer Ersatzbeschaffung bei Unmöglichkeit der Lieferung einer dem Kaufgegenstand vollständig entsprechenden (mangelfreien) Sache im jeweiligen Einzelfall entscheidend davon ab, ob und wodurch nach dem durch interessengerechte Auslegung zu ermittelnden Willen der Parteien (§§ 133, 157 BGB) bei Vertragsschluss eine Nachlieferung in Betracht kommen sollte (im Anschluss an Urt. v. 7.6.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn 23; v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn 41; Beschl. v. 8.1.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn 30 ff.; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.11.2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn 8).
2. c) Eine Ersatzlieferung ist nach der – die beiderseitigen Interessen in den Blick nehmenden – Vorstellung der Parteien daher grds. bereits dann möglich, wenn die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige ersetzt werden kann (im Anschluss an Urt. v. 7.6.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn 23; v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn 41; Beschl. v. 8.1.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn 30 ff.; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.11.2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn 8). Entscheidend ist dabei letztlich, ob und in welchem Umfang der Verkäufer – nach dem im jeweiligen Fall zu ermittelnden übereinstimmenden Willen der Parteien – bei Vertragsschluss eine Beschaffungspflicht für den Fall einer Nacherfüllung übernommen hat (im Anschluss an Urt. v. 17.10.2018 – VIII ZR 212/17, BGHZ 220, 77 Rn 20; v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn 40; v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, a.a.O.; Beschl. v. 8.1.2019 – VIII ZR 225/17, a.a.O.).
2. d) Ist lediglich ein Nachfolgemodell der erworbenen Sache (insb. eines Fahrzeugs) lieferbar, kann bei der gebotenen nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung die den Verkäufer eines Verbrauchsguts treffende Beschaffungspflicht im Hinblick darauf, dass der Verbraucher eine Nutzungsentschädigung für die fortlaufend an Wert verlierende mangelhafte Kaufsache nicht zu zahlen hat, von vornherein nicht zeitlich unbegrenzt gelten.
3. Eine Austauschbarkeit von Kaufgegenstand und Ersatzsache ist beim Verbrauchsgüterkauf – v.a. beim Kauf von Fahrzeugen, die bereits nach kurzer Zeit einen deutlichen Wertverlust erleiden – grds. nur dann anzunehmen, wenn der Verbraucher sein Nachlieferungsbegehren innerhalb eines in der Länge der regelmäßigen kaufrechtlichen Verjährungsfrist (zwei Jahre – § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) angelehnten Zeitraums – beginnend ab dem für die Willensbildung maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses – geltend macht (Fortentwicklung von Beschl. v. 8.1.2019 – VIII ZR 225/17, a.a.O.).
ZAP EN-Nr. 498/2021
ZAP F. 1, S. 900–900