1. Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs
Die außerordentliche fristlose Kündigung gem. § 543 Abs. 2 BGB ist u.a. begründet, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Die 66. ZK des LG Berlin (WuM 2020, 73) wollte die bisher ganz herrschende Auffassung aufgeben und verlangte, dass der erhebliche Rückstand i.S.d. Vorschrift für jeden der beiden Termine vorliegen muss. Ein Rückstand, der lediglich 19 % der gesamten Monatsmiete (brutto/warm) ausmacht, und der die Summe der geschuldeten Nebenkostenvorauszahlungen unterschreitet, sollte nach dieser Auffassung keine erheblichen Zahlungsrückstand i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a BGB begründen. Diese weniger juristisch als rechtspolitisch begründete Auffassung wurde vom BGH (BGH, Urt. v. 8.12.2021 – VIII ZR 32/20, GE 2022, 147; MDR 2022, 227; WuM 2022, 106; NZM 2022, 131; ZMR 2022, 191; MietPrax-AK § 543 BGB Nr. 47 m. Anm. Eisenschmid; Elzer, MietRB 2022, 33; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 4/2022 Anm. 3; Bieber, jurisPR-MietR 5/2022 Anm. 2; Drasdo, NJW-Spezial 2022, 129) erwartungsgemäß nicht geteilt. Nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 i.V.m. § 569 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 BGB ist die Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs bei Wohnraummietverhältnissen berechtigenden Mietrückstands allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Der Gesamtrückstand ist jedenfalls dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt.
Eine darüber hinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu einer Monatsmiete sieht das Gesetz nicht vor. Gegen eine andere Auslegung spricht bereits der Wortlaut des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a BGB. Der Gesetzeswortlaut „für zwei aufeinander folgende Termine” bezieht sich nur darauf, dass der Mieter „für” beide Termine mit der Verpflichtung zur Zahlung der Miete in Verzug sein muss. § 569 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 BGB bestimmt außerdem für Wohnraummietverhältnisse, welche Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal eines nicht unerheblichen Rückstands i.S.d. Vorschrift des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB zu stellen sind. Raum für die von der 66. Kammer entwickelte Rechtsfortbildung bleibt da nicht.
2. Kündigungssperre
Nach der Umwandlung vermieteter Wohnung in Eigentumswohnungen gilt eine Kündigungssperrfrist, die je nach Landesverordnung bis zu zehn Jahre betragen kann. Die entsprechende Berliner Verordnung, welche die Kündigungssperrfrist nach Bildung und Veräußerung von Wohnungseigentum i.S.d. § 577a Abs. 1 BGB für das gesamte Gebiet von Berlin auf zehn Jahre festlegt, ist wirksam (BGH, Urt. v. 22.6.2022 – VIII ZR 356/20, MietPrax-MietPrax-AK § 5 § 577a BGB Nr. 5 m. Anm. Eisenschmid). Die Frist beginnt mit der ersten Veräußerung der Eigentumswohnung. Eine solche liegt regelmäßig nicht vor, wenn ein Miteigentumsanteil an einen bisherigen vermietenden Miteigentümer übertragen wird (so schon zu § 566 BGB: BGH, NZM 2019, 208 m. Anm. Harsch, MietRB 2019, 67; Zschieschack, NZM 2019, 209; Drasdo, NJW-Spezial 2019, 193; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 7/2019 m. Anm. 1; Mummenhoff, jurisPR-MietR 13/2019 Anm. 1). Stirbt der Mieter, zu dessen Gunsten die Kündigungssperrfrist nach § 577a BGB eingreift und wird das Mietverhältnis nach dessen Ableben mit dem überlebenden – später in den Mietvertrag eingetretenen Mitmieter gem. § 563a Abs. 1 BGB fortgesetzt, tritt dieser auch bezüglich des Kündigungsschutzes an die Stelle des Verstorbenen und kann sich gegenüber einer Eigenbedarfs- bzw. Verwertungskündigung des Erwerbers auf die Kündigungssperrfrist aus § 577a Abs. 1, 2 BGB berufen.
Hinweis:
- Die Fortsetzung mit einem überlebenden Mitmieter nach § 563a Abs. 1 BGB setzt ebenso wie der Eintritt eines Familienangehörigen nach § 563 Abs. 2 S. 2 BGB voraus, dass der Eintretende mit dem Verstorbenen – noch bis zum Tod des bisherigen (Mit-)Mieters – einen gemeinsamen Hausstand in der Wohnung geführt hat.
- Ein gemeinsamer Hausstand wird dann geführt, wenn über das gemeinsame Wohnen in derselben Wohnung hinaus ein in gewisser Weise arbeitsteiliges Zusammenwirken der Familienangehörigen bei der Lebensführung in Bezug auf die typischerweise in einem Haus anfallenden Verrichtungen vorliegt, mithin in der Wohnung ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt besteht.
- Diese gemeinsame Haushaltsführung kann u.U. auch dann vorliegen, wenn einer der Mitmieter mehrere Hausstände unterhält, und darf im Zeitpunkt des Todes des (Mit-)Mieters noch nicht beendet gewesen.
3. Fortsetzungsanspruch bei Härtegründen
Der Kündigungsschutz ist Teil des sog. sozialen Mietrechts. Es will den Mieter in zwei Bereichen schützen, nämlich hinsichtlich des Bestandes des Mietverhältnisses und hinsichtlich der Miethöhe. Dieser Schutz ist hinsichtlich des Bestands wiederum zweistufig vom Gesetzgeber geregelt (ausführlich Sternel, NZM 2018, 473). Zunächst kann der Vermieter das Mietverhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Intere...