1. Abtretung an Legal-Tech-Unternehmen
Die 67. ZK des LG Berlin und der VIII. Senat des BGH streiten seit einigen Jahren über die Frage, ob die von einem Legal-Tech-Unternehmen i.R.d. Geltendachung von Ansprüchen wegen vermeintlichen Verstoßes gegen die Mietpreisbremse für Mieter erbrachten Tätigkeiten durch die nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 S. 1 RDG a.F. erteilte Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen im Bereich der Inkassodienstleistungen noch gedeckt sind. Der Senat hat dies in der Vergangenheit bejaht (BGHZ 224, 89 Rn 97 ff.) und in der Folgezeit immer wieder bestätigt (BGHZ 225, 352 Rn 43 ff.; BGH NZM 2020, 54 Rn 30 ff.; BGH ZMR 2020, 737 Rn 30; BGH WuM 2020, 645 Rn 24 ff., BGH ZIP 2020, 1619 Rn 25 ff.). Dessen ungeachtet hält die 67. ZK an ihrer Rechtsprechung fest, wonach die Rückforderung einer von dem Mieter an den Vermieter unter Vorbehalt gezahlten überhöhten Miete nicht mehr als eigenständige Inkassodienstleistung i.S.d. Rechtsdienstleistungsgesetzes beurteilt werden könne, wenn der Auftrag des Mieters an die für ihn handelnde Rechtsdienstleisterin darüber hinausgehend laute, für ihn die „Mietpreisbremse” bei dem Vermieter durchzusetzen und die im Wohnungsmietvertrag vereinbarte Miete auf das höchstzulässige Maß herabzusetzen. Der BGH (Urt. v. 24.5.2023 – VIII ZR 373/21, MietPrax-AK § 556g BGB Nr. 20) hat aktuell noch einmal darauf hingewiesen, dass die Aufforderung des Unternehmens an den Vermieter, die im Wohnungsmietvertrag vereinbarte Miete auf das höchstzulässige Maß herabzusetzen, nicht als eine einem registrierten Inkassodienstleister nicht gestattete Maßnahme der Anspruchsabwehr anzusehen ist. Denn es handele sich bei ihr nicht um eine Reaktion auf ein Verlangen des Vermieters, sondern um eine in engem Zusammenhang mit der von dem Inkassodienstleister zulässigerweise erhobenen Rüge und dem von ihm geltend gemachten Anspruch auf Rückerstattung zu viel gezahlter Miete stehende Maßnahme, die letztlich dazu dient, für die Zukunft die Geltendmachung weitergehender Rückzahlungsansprüche des Mieters entbehrlich zu machen. Der Senat weist die Kammer darauf hin, dass sie neue Gesichtspunkte, die Veranlassung geben könnten, von den die Senatsrechtsprechung tragenden Grundsätzen abzuweichen, nicht aufgezeigt habe.
2. Maßgebliche Vormiete bei damaligem Verstoß gegen die Informationsobliegenheit
Die Beschränkung der Wiedervermietungsmiete soll nach den Vorstellungen der Politik deshalb nur eingeschränkt funktioniert haben, weil dem Mieter die erforderlichen Informationen fehlen. Deshalb muss der Vermieter, wenn er sich auf eine der vier Ausnahmen berufen will, den Mieter vor Vertragsschluss auf diese Tatsache hinweisen. Die wichtigste Ausnahme stellt die Vormiete gem. § 556e Abs. 1 BGB dar. Als Bestandsschutz erlaubt das Gesetz dem Vermieter die Miete auch im Nachmietverhältnis wirksam zu vereinbaren, die der Vormieter rechtmäßigerweise schuldete. Dabei hat das LG Berlin (WuM 2023, 419; GE 2019, 701) nun die Frage problematisiert, ob eine Vormiete in Ansatz gebracht werden darf, auf die der Vermieter sich wegen eines Verstoßes gegen die Informationsobliegenheit nicht berufen darf. Das LG hat dies in mehreren Entscheidungen verneint. Der Vermieter könne sich nur auf eine Vormiete berufen, die der Vormieter auch tatsächlich schuldete. Wortlaut und Zielrichtung des § 556e Abs. 1a BGB sprächen dafür, dass nur die tatsächlich „geschuldete”, also notfalls im Rechtsweg durchsetzbare Vormiete Bestandsschutz genieße. Das sei aber bei einem Verstoß gegen die Informationsobliegenheit gerade nicht der Fall.
Hinweis:
Die Entscheidung beschäftigt sich kaum mit der dogmatischen Einordnung des § 556g Abs. 1a BGB und der Auslegung des Begriffs „berufen”. Bei der Verpflichtung gem. § 556g Abs. 1a BGB handelt es sich nämlich nicht um einen Anspruch des Mieters, sondern nur um eine Obliegenheit des Vermieters. Die Verpflichtung besteht ausschließlich im Interesse des Vermieters, damit er sich auf das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes berufen kann. Unterlässt der Vermieter die Information, macht er sich nicht schadensersatzpflichtig, sondern kann sich auf die höhere Miete nicht „berufen”, ohne dass eine Teilnichtigkeit vorliegt. Die Miete ist nach Ansicht des Gesetzgebers zulässig. Der Vermieter soll durch Abs. 1a nur dafür „bestraft” werden, dass er den Mieter nicht durch eine erste durchaus spärliche Information darauf hingewiesen hat, dass eine Ausnahme vorliegen könnte, weshalb es sich für den Mieter lohnen könnte sich weiter mit der Zulässigkeit der konkreten Miethöhe zu beschäftigen. Deshalb erlaubt es das Gesetz auch dem Vermieter nur gegenüber dem aktuellen Mieter sich auf diesen Teil der wirksamen Abrede zu berufen. Jede andere Auslegung wäre ggf. für den Mieter in Fällen des Zahlungsverzugs auch nachteilig, da der Rückstand, ab dem gekündigt werden kann, bei Annahme einer Teilnichtigkeit geringer sein muss. Damit würde der Obliegenheitsverstoß des Vermieters für ihn günstig und den Mieter ungünstig werden.
Gegen die Entscheidungen ist Revision (VIII ZR 125/23) eingelegt worden. Die Streitfrage ist deshal...