2.1 Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren
7. Aufl. 2024, ZAP Verlag, 1894 S., 129 EUR
Es gibt immer noch Kanzleien, die sowohl ohne aktuelle Fachbücherei auskommen als auch ohne kostenpflichtige juristische Datenbanken. Das kann nicht die Grundlage für gute Strafverteidigung sein und darf es nicht!
Eigentlich ist es eine undankbare Aufgabe, die frisch gedruckte, siebte Auflage dieses Standardwerks für die Verteidigung in Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten zu wägen: Denn regelmäßige Nutzer sind ohnehin längst überzeugt – Handbuchmuffel vielleicht nie eines Besseren zu belehren.
Das Handbuch ist im Printbereich unschlagbar aktuell, was der Verzahnung mit dem Blog des Autors (sog. Burhoff-Blog) geschuldet sein dürfte. Der Autorenkreis aus Anwaltschaft, erstaunlich gut vertretener Richterschaft und Technikern erweitert Horizont und Qualität spürbar.
Die alphabetische Gliederung nach Schlagworten macht ein Auffinden der eigenen Problemlage binnen Sekunden möglich – der Rezensent hat es gerade erst wieder zur Hand genommen für eine Rechtsbeschwerde zur Frage „Urteil – allgemeine Feststellungen” (Rn 3739) und „Verjährung – Allgemeines” bei Fehlen von Entscheidungsgründen (Rn 3866). Herrlich im mehr als nur ersten Zugriff – allein der Perfektionist ruft sich die zitierten Entscheidungen zur Abrundung der Rechtsbeschwerde zusätzlich online ab. Nötig wäre dies aber nicht zwingend.
Das neue Kapitel „Verteidigung im OWi-Verfahren – allgemeine Verteidigerhinweise” richtet sich nicht nur an Berufseinsteiger und fachfremd agierende Kollegen. Auch die Spezialisten sollten hier prüfen, ob ihre Routine noch dem Stand moderner Verteidigung entspricht. Das Ausdünnen des technischen Teils ist vertretbar, denn die Messverfahren werden nach wie vor noch unter dem Aspekt möglicher Fehlerquellen ausreichend beschrieben. Hierzu bietet sich ohnehin an, im Bedarfsfall auf fachspezifische Strafrechtsliteratur, die sich mit forensischer Technik befasst, zurückzugreifen.
Wer schon an Datenbanken spart, sollte sich dieses Werk leisten (können). Hier hat Burhoff mit dem Vergütungsteil jeder Ausrede die Grundlage entzogen.
RA Heiko Urbanzyk, FA für Strafrecht und für Verkehrsrecht, Coesfeld
2.2 Olderdissen, Jede*r hat das Recht – Fakten, Fälle und Gedanken zum Grundgesetz
2023, Gabriel Verlag, 192 S., 15 EUR
Mit diesem Werk wird ausnahmsweise keine Fachliteratur, sondern ein informatives Buch (nicht nur) für den Nachwuchs vorgestellt, das sich mit dem Grundgesetz, auch im Hinblick auf die aktuellen Debatten zu Menschenrechten und Vielfalt (darunter u.a. der Einfluss der Klimakrise, LGBTQ+-Rechte und Cybermobbing), auseinandersetzt. Verfasst wurde das Werk von einem Mutter-Tochter-Duo, nämlich der Juristin und Journalistin Christine Olderdissen und deren Tochter Milla Olderdissen.
In einem modern-verspielten Comic-Stil vermitteln die Autorinnen mit anschaulichen Beispielen und prägnanter Sprache das Thema Grundrechte. Das Buch regt zum Nachdenken an, zeigt aber gleichzeitig auch Handlungsmöglichkeiten auf, sich aktiv für sein Recht einzusetzen (beispielsweise durch Ausübung des Wahlrechts oder gar durch das Einreichen einer Verfassungsbeschwerde).
Das Autorinnen-Duo informiert jedoch nicht nur auf anschauliche Weise bestehendes Recht, sondern macht auch auf ihrer Auffassung nach bestehende Lücken im Grundgesetz aufmerksam. So hat der Gesetzgeber etwa den Schutz der geschlechtlichen Identität in Art. 3 Abs. 3 GG implementiert, während die sexuelle Orientierung noch keine Berücksichtigung findet.
Offiziell für LeserInnen ab 12 Jahren empfohlen, scheint der Rezensentin aufgrund einiger der behandelten Themen eine Hauptzielgruppe von 14 bis 18 Jahren angemessener zu sein. Beispielhaft zu erwähnen sei der Schwangerschaftsabbruch, welcher Mädchen und junge Frauen im Hinblick auf § 218 StGB vor einen moralischen Konflikt stellt zwischen Gesetzestreue und ihrem Recht auf Selbstbestimmung.
Aber auch Eltern kann das Buch als Kompass dienen, um anspruchsvolle gesellschafts- und rechtspolitische Themen mit ihrem Nachwuchs zu besprechen.
Zu Recht gewann Jede*r hat das Recht beim diesjährigen Deutschen Anwaltstag einen Sonderpreis für seine besondere Leistung, die Bedeutung der Grundrechte in einer ansprechenden Weise zu vermitteln.
Eine klare Leseempfehlung, nicht nur für die junge Generation!
Ass. iur. Sybille Statz, Köln
ZAP F., S. 842–850