Der Entschädigungsanspruch nach § 4 setzt grds. einen Ursachenzusammenhang zwischen den Gesundheitsstörungen und dem schädigenden Ereignis voraus (sog. haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen der anerkannten Schädigungsfolge und diesen Gesundheitsstörungen (sog. haftungsausfüllende Kausalität; zur Kausalität im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung s. Holtstraeter, § 8 SGB VII, Rn 73 m.w.N. auf die Rspr. des BSG).
Nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen ist im Sozialrecht eine Tatsache erst dann bewiesen, wenn für diese unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad an Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden, also ein der Gewissheit nahekommender Grad der Wahrscheinlichkeit besteht (s. Krasney/Udsching/Groth/Meßling/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl. 2022, Rn 4 m.w.N.).
Im SER werden jedoch ebenso wie in der gesetzlichen Unfallversicherung reduzierte Beweisanforderungen sowohl für die haftungsbegründende als auch für die haftungsausfüllende Kausalität gestellt, es genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. Groth, a.a.O., Rn 155 m.w.N.). So ist nach § 4 Abs. 4 die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge geforderte Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs gegeben, wenn nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht.
Insbesondere bei Krankheiten, die auf seelischen Einwirkungen beruhen, bestanden in der Vergangenheit oft Schwierigkeiten, das die Entschädigungspflicht auslösende Ereignis als die wesentliche medizinische Ursache zu verorten. Nach § 4 Abs. 5 wird bei psychischen Gesundheitsstörungen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs im Einzelfall vermutet, wenn diejenigen medizinischen Tatsachen vorliegen, die nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft geeignet sind, einen Ursachenzusammenhang zwischen einem nach Art und Schwere geeigneten schädigenden Ereignis und der gesundheitlichen Schädigung und der Schädigungsfolge zu begründen und diese Vermutung nicht durch einen anderen Kausalverlauf widerlegt wird. Knickrehm (ASR 2022, 13 ff.) spricht hier von einem Vermutungstatbestand der „bestärkten Wahrscheinlichkeit” unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 12.6.2003 – B 9 VG 1/02 R, NJW 2004, 1476, Ls. 3. Der Text des § 4 Abs. 5 geht auf diese Entscheidung des BSG zurück. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache der Gesundheitsstörung in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann eine Anerkennung gleichwohl nach Maßgabe der Bestimmung des § 4 Abs. 6 erfolgen.
Beweiserleichterungen im Verfahren zur Prüfung des Leistungsanspruchs finden sich in § 117. Nach Abs. 1 der Vorschrift sind die Angaben der antragstellenden Personen, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen und wenn Beweismittel nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden der antragstellenden Person oder ihrer Hinterbliebenen verloren gegangen sind. Glaubhaft erscheint eine Tatsache, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht, § 117 Abs. 2. In besonderen Fällen kann die Verwaltungsbehörde von der antragstellenden Person die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zur Glaubhaftmachung verlangen, § 117 Abs. 3.