Beweisverwertungsverbote gibt es nicht nur im Strafrecht. Auch im Zivilprozess können sie eine Rolle spielen, wenn es z.B. darum geht, dem Mieter ein konkretes Fehlverhalten nachweisen zu können. Der für Schadensersatzansprüche zuständige VI. Senat hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, in dem ein Wohnungsunternehmen mittels Videoüberwachung nachweisen wollte, dass der Mieter eine ungenehmigte Untervermietung vorgenommen hat. Der Mieter verlangte wegen dieser Überwachung eine Geldentschädigung.
Der BGH (BGH, Urt. v. 12.3.2024 – VI ZR 1370/20, WuM 2024, 388 = MietPrax-AK/Eisenschmid, § 543 BGB Nr. 50) hat das die Räumungsklage abweisende Urteil des LG Berlin bestätigt. Er hatte die Frage, ob die auf einer unzulässigen Videoüberwachung beruhenden Erkenntnisse einer Partei bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung verwertet werden dürfen, unter Berücksichtigung der Vorgaben der DSGVO zu beurteilen. Vorliegend stützte die Vermieterin ihre Erkenntnisse auf die durch die von der Privatdetektivin durchgeführte verdeckte und gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßende Videoüberwachung der Wohnungseingangsbereiche. Diese Erkenntnisse durften nach der im Lichte der Verfassung auszulegenden Bestimmung in § 286 Abs. 1 ZPO, die aufgrund der Öffnungsklausel in Art. 6 Abs. 3 S. 1 Buchst. b DSGVO zur Anwendung berufen ist, und den Anforderungen des im Lichte der Charta der Europäischen Union auszulegenden Art. 6 Abs. 3 S. 4 DSGVO entspricht, im Räumungsrechtsstreit nicht berücksichtigt werden. Der gerichtlichen Verwertung der rechtswidrig erlangten Erkenntnisse standen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beklagten in der Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ihr Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung entgegen.
Demgegenüber stand dem Mieter aber auch der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung nicht zu. Nach der Rspr. des VI. Senats begründet die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Diese Voraussetzungen waren vorliegend nicht gegeben. Zwar war die Beeinträchtigung der räumlichen Privatsphäre der Mieter und deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung erheblich; auf der anderen Seite war aber zu berücksichtigen, dass der rechtswidrige Eingriff nicht gegen die Grundlagen ihrer Persönlichkeit gerichtet war. Der unantastbare Kernbereich der privaten Lebensgestaltung war nicht tangiert. Die Vermieterin hat allenfalls fahrlässig gehandelt. Die Beweggründe für das Handeln der Vermieterin waren in Erfahrung zu bringen und ggf. beweisbar zu machen, ob und wenn ja, welchen Dritten die Wohnungen zur Nutzung überlassen wurden. Dafür gab es auch nach Ansicht des BGH ausreichenden Anlass. Schließlich hat der Senat bei der Gesamtwürdigung berücksichtigt, dass der Mieter eine gewisse Genugtuung dadurch erfährt, dass die Rechtswidrigkeit der Videoüberwachung und -aufzeichnung im vorliegenden Verfahren festgestellt wird und ein Verbot der Verwertung der daraus gewonnenen Erkenntnisse zur Folge hat.