1. Einstellung der Zwangsvollstreckung
Die befristete Einstellung der Zwangsvollstreckung kann auch mit Auflagen versehen werden, die die wirtschaftliche Verwertung des vom Schuldner bewohnten Grundstücks des Gläubigers sicherstellen. In Betracht kommen insb. Auflagen an den Schuldner zur Zahlung der im Zusammenhang mit der Nutzung geschuldeten Geldbeträge und auch zur Mitwirkung gegenüber Sozialbehörden, die Leistungen an den oder zugunsten des Gläubigers erbringen können (BGH, Beschl. v. 26.10.2023 – I ZB 11/23, GE 2024, 139 = NZM 2024, 104 = WuM 2024, 95 = MDR 2024, 256 = MietPrax-AK/Börstinghaus, § 765a ZPO Nr. 21).
2. Verzicht auf Gewährung von Vollstreckungsschutz
Seit Jahren ist strittig, ob der Mieter z.B. in einem Räumungsvergleich wirksam auf die Stellung eines Räumungsschutzantrags gem. § 794a Abs. 1, 2 ZPO verzichten kann. Der BGH hatte in den letzten Monaten zwei solcher Fälle vorliegen. Im ersten Verfahren hatte er zunächst die Räumungsvollstreckung unter Hinweis auf diese bisher ungeklärte Streitfrage vorläufig eingestellt (BGH, Beschl. v. 3.6.2022 – VIII ZB 44/22, WuM 2022, 559 = GE 2022, 1209 = ZMR 2022, 788). Zu einer Hauptsacheentscheidung ist es aber nicht mehr gekommen, weil der Mieter ausgezogen war und die Frage damit nicht mehr entscheidungserheblich war. Es kam nur noch zu einem Kostenbeschluss, bei welchem der Senat die Kosten wegen der offenen Frage gegeneinander aufgehoben hat (BGH, Beschl. v. 19.9.2023 – VIII ZB 44/22, NZM 2023, 947 = NJW-RR 2023, 1572). In einem zweiten Verfahren hat der Senat auch wieder die Zwangsvollstreckung zunächst vorläufig eingestellt (BGH, Beschl. v. 6.2.2024 – VIII ZB 6/24, BeckRS 2024, 4702, WuM 2024, 216), die Sache später aber an das LG Bremen zurückverwiesen, weil statt der Kammer die Einzelrichterin die Rechtsbeschwerde zugelassen hatte (BGH, Beschl. v. 14.5.2024 – VIII ZB 6/24, BeckRS 2024, 12074, MietPrax-AK, § 794a ZPO Nr. 4). Inzwischen liegt das gleiche Verfahren erneut beim BGH und dieser hat erneut die Zwangsvollstreckung vorläufig eingestellt (BGH, Beschl. v. 23.7.2024 – VIII ZB 39/24).
3. Rechtsweg
Ist die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten in erster Instanz bestritten, muss das Gericht zunächst gem. § 17a Abs. 3 S. 2 GVG durch einen beschwerdefähigen Beschluss über diese Rechtswegfrage entscheiden. In diesem Fall darf das Rechtsmittelgericht im Hauptsacheverfahren die Zulässigkeit des Rechtswegs gem. § 17a Abs. 5 GVG nicht noch einmal prüfen. Dies gilt aber nicht, wenn die Zulässigkeit des Rechtswegs schon in erster Instanz gerügt worden ist und das Erstgericht keinen beschwerdefähigen Beschluss über die Zulässigkeit des Rechtswegs gefasst hat. In diesem Fall ist die Prüfung des Rechtswegs im Rechtsmittelverfahren nachzuholen. Ist eine solche Nachholung der Prüfung des Rechtswegs durch das zweitinstanzliche Gericht unterblieben, weil dieses zu Unrecht eine Bindung an den beschrittenen Rechtsweg angenommen hat, ist ausnahmsweise das Revisionsgericht befugt, im Revisionsverfahren über den Rechtsweg zu befinden. In einem solchen Fall hat das Revisionsgericht jedenfalls dann die Kompetenz auch zur Verweisung des Rechtsstreits an das Gericht des zulässigen Rechtswegs, wenn die Verweisung die rechtlich einzig mögliche Entscheidung ist, die das Berufungsgericht nach einer Zurückverweisung ebenfalls zu treffen hätte (BGH, Urt. v. 15.5.2024 – VIII ZR 293/23, MDR 2024, 924 = MietPrax-AK/Börstinghaus, § 17a GVG Nr. 1).
4. Massenklage trotz vorheriger Anmeldung zur Tabelle
Ein Anspruch des Vermieters gegen seinen insolventen Verwalter auf Auszahlung von Mietkautionen, der zunächst als Insolvenzforderung zur Tabelle festgestellt worden ist, kann gleichwohl unter Berufung auf § 55 InsO in zulässiger Weise gegen die Masse eingeklagt werden, weil Masseforderungen auch durch Anmeldung, Anerkennung und Feststellung nicht zu Insolvenzforderungen werden. Die Rechtskraftwirkung gem. § 178 Abs. 3, § 183 InsO schließt die spätere Geltendmachung desselben Anspruchs als Masseforderung nicht aus. Die Bestimmungen über die Feststellung der Forderungen (§§ 174 ff. InsO) beziehen sich nach Wortlaut und Systematik des Gesetzes nur auf Insolvenzforderungen (BGH, Beschl. v. 21.12.2023 – IX ZA 19/23, ZInsO 2024, 737 = MietPrax-AK/ Börstinghaus, § 55 InsO Nr. 5).
5. Gebührenstreitwert
Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit richtet sich nach dem Wert, der die Grundlage für den Auftrag der Mandanten zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bildete. Dies gilt auch, wenn die anschließend eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde einen niedrigeren gerichtlichen Streitwert hat (BGH, Beschl. v. 4.6.2024 – VIII ZR 292/22, NJW-RR 2024, 884 = MietPrax-AK/ Börstinghaus, § 23 RVG Nr. 6).
ZAP F., S. 867–876
Von Prof. Dr. Ulf Börstinghaus, RiAG a.D., Gelsenkirchen