Nach § 309 Nr. 13 BGB n.F. gilt:
Zitat
(...) ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam (...)
13. |
eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden
a) |
an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch das Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder |
b) |
an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstaben a genannten Verträgen oder |
c) |
an besondere Zugangserfordernisse. |
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Die überwiegende Zahl der in der Praxis verwandten "Standard-Arbeitsverträge" enthält ein- oder zweistufige Ausschlussfristen. Zu Ausschlussfristen und ihrer (Un-)Wirksamkeit existiert eine umfangreiche arbeitsgerichtliche Rechtsprechung. Ausschlussfristen sollen zeitnah Rechtssicherheit schaffen. Sie wirken im Fall ihrer Wirksamkeit wie verkürzte Verjährungsfristen und haben deshalb hohe praktische Bedeutung etwa in den Bereichen Freizeitausgleich, Sonderzahlungen, Spesen, Überstunden, Überzahlungen, (variable) Vergütung. Die "schriftliche" Geltendmachung war/ist somit i.d.R. die erste von einem Arbeitnehmer zu nehmende Hürde bei der Durchsetzung streitiger Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber.
Bisher war in vertraglichen Ausschlussfristen die Vereinbarung der Schriftform für Anzeigen und Erklärungen zulässig (§ 309 Nr. 13 BGB a.F.). Entsprechend §§ 126, 126a, 126b, 127 BGB waren aber auch bisher u.a. E-Mail und Fax als telekommunikative Übermittlungsformen ohne eigenhändige Unterschrift zur Wahrung der Ausschlussfrist ausreichend (BAG, Urt. v. 7.7.2010 – 4 AZR 549/08, NZA 2010, 1068), was aber vielen Verbrauchern unbekannt war. Aus Gründen des (als unzureichend empfundenen) Verbraucherschutzes hat sich der Gesetzgeber deshalb zur Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB entschieden.
Die Regelung untersagt für Schuldverhältnisse Formerfordernisse, die für Anzeigen oder Erklärungen eine strengere bzw. andere Form als die Textform vorsehen. Ab dem 1.10.2016 ist daher in Standard-Arbeitsverträgen aufgrund ihres Charakters als AGB i.S.d. §§ 305 ff. BGB eine Ausschlussklausel, die Schriftformerfordernisse vorsieht, unwirksam. Das Verbot der geltungserhalten Reduktion lässt auch keine Rückführung auf die nach dem Gesetz zulässige Textform zu. In Abgrenzung zu einer Kündigung oder einem Auflösungsvertrag (vgl. §§ 126, 623 BGB "Schriftform, elektronische Form ausgeschlossen") gelten bei der Vertragsgestaltung andere, weniger strenge Formerfordernisse.
Praxishinweis:
Es ist somit Zeit für die Überprüfung der in den Unternehmen verwandten Vertragsmuster und ein Update der Vertragsgestaltung sowohl bei Neuabschlüssen als auch bei bestehenden (Alt-)Arbeitsverträgen, sofern diese nach dem 1.10.2016 geändert werden und dies ggf. als Neuabschluss gewertet wird (Stichwort: kein umfassender Vertrauensschutz für Altverträge). Die Verträge sind gesetzeskonform auf "Textform" umzustellen.
Während (doppelte) Schriftformklauseln als § 309 Nr. 13 BGB nicht unterfallende vertragliche Abreden weiterhin Bestand haben dürften (vgl. Lingemann/Otte NZA 2016, 519, 520), droht im Bereich der Ausschlussfristen(-regelungen) ohne Vertragsanpassung die Gefahr, dass ab dem 1.10.2016 eingestellte Arbeitnehmer Ansprüche im Rahmen der Verjährungsfristen (§ 195 BGB) unbegrenzt lange geltend machen können.
Tarifvertragliche Ausschlussfristen sind nach § 310 Abs. 4 S. 1 BGB von der Gesetzesänderung nicht betroffen. Das gilt – jedenfalls nach bisherigem Rechtsverständnis – auch bei arbeitsvertraglicher Bezugnahme eines gesamten, einschlägigen Tarifwerks (BAG, Urt. v. 18.9.2012 – 9 AZR 1/11, NZA 2013, 216). Eine Ausnahme und ein Klauselverbot gilt indes, wenn nur einzelne Bestimmungen eines Tarifvertrags oder ein nicht einschlägiger Tarifvertrag in Bezug genommen werden (vgl. ErfK-Preis, § 310, Rn 17 ff.). Entsprechende vertragliche Regelungen sind ebenfalls gesetzeskonform anzupassen. "Schriftform" bzw. "schriftlich" ist dementsprechend durch "Textform" bzw. "textlich" zu ersetzen.