1. Neue Bürgerbeteiligung
Im Planfeststellungsverfahren oder im Rahmen der Bauleitplanung sind z.T. Bürgerbeteiligungen vorgesehen. Einzubeziehen sind dabei die unmittelbar betroffenen Anwohner, aber auch die Bürger, die von dem Projekt betroffen sein könnten. Dies ist Teil der sog. Lärmvorsorge. Dem Einzelnen soll die Möglichkeit gegeben werden, schon frühzeitig Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten.
Praxishinweise:
Soweit für diese Stufe anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden soll, kann dies durch eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt werden. Diese umfasst im Rahmen des Grundstücksrechtsschutzes die Abwehr von beseitigenden Maßnahmen (Unterlassung) bis hin zu lärmmindernden Maßnahmen (z.B. Schallschutzwand); abgedeckt sind auch Zahlungsansprüche zwecks Ausgleich der Beeinträchtigungen. Mitversichert ist darüber hinaus auch die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen, sofern ein Gesundheitsschaden kausal auf die Lärmsituation zurückzuführen ist und dies auch entsprechend bewiesen werden kann. Soweit also zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen sind, werden diese vor dem jeweilig zuständigen Zivilgericht geklärt und gehören insoweit zum Deckungsumfang der Rechtsschutzversicherung.
2. Normenkontrollverfahren
Wer durch einen Bebauungsplan in seinen eigenen Rechten verletzt ist, ist zur Stellung eines Normenkontrollantrags befugt, um die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans überprüfen zu lassen. Dabei ist das Verfahren nicht auf die Argumente begrenzt, die vom Antragsteller eingebracht werden, sondern es werden auch die Rechte der Allgemeinheit mitberücksichtigt. Hier geht es also um die Überprüfung von formellen und materiellen Voraussetzungen nach dem BauGB, dem Immissionsschutzrecht sowie aus dem Bereich des Umweltrechts. Weiterhin ist von Bedeutung, ob seitens der Gemeinde auch alle relevanten Punkte mit in die Abwägung einbezogen worden sind. Dies betrifft nicht nur ein gesundes Wohnumfeld, sondern überdies soziale, städtebauliche und wirtschaftliche Belange.
Praxishinweis:
Wird eine Baugenehmigung mit dem Hinweis vorgelegt, der dazugehörige Bebauungsplan sei noch in der rechtlichen Prüfung, so ist hiergegen zunächst Widerspruch einzulegen. Anderenfalls tritt Rechtskraft ein, selbst dann, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt der Bebauungsplan als nichtig erweist.
3. Widerspruch/Anfechtungsklage
Gegen eine erteilte Genehmigung ist zunächst der Widerspruch und für den Fall, dass dieser erfolglos bleibt, die Anfechtungsklage zulässig. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass ein Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, d.h. der Adressat zunächst weiterbauen kann.
Praxishinweis:
Es ist deshalb zu prüfen, inwieweit ein einstweiliger Rechtsschutzantrag dahingehend gestellt werden soll, die sofortige Vollziehung anzuordnen (z.B. Baustopp). Hier muss im Einzelfall geprüft werden, inwieweit dies zielführend ist – auch vor dem Hintergrund, dass ggf. keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden.
4. Einstweiliger Rechtsschutz
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat nur dann Erfolg, wenn im Rahmen der durch das Gericht vorzunehmenden Interessenabwägungen diejenigen des Antragstellers die des Antragsgegners überwiegen. Da hier keine Vorwegnahme der Hauptsache stattfinden darf, sind die Gerichte in ihrer Rechtsprechung eher restriktiv. Dies ist ggf. auch dem Umstand geschuldet, dass die Aufarbeitung komplexer technischer Sachverhalte im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht möglich ist (BVerwG, Beschl. v. 20.10.2010 – 9 VR 5.10). Im eisenbahnrechtlichen Verfahren ist nach der Rechtsprechung des BVerwG im Rahmen der Interessenabwägung immer zu berücksichtigen, dass schon der Gesetzgeber dem Vollzugsinteresse durch den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ein erhebliches Gewicht beigemessen hat (BVerwG, Beschl. v. 14.4.2005 – 4 VR 1005/04).
Praxishinweis:
Bei der Entscheidung, ob einstweiliger Rechtsschutz beantragt werden soll, ist sorgfältig abzuwägen, ob dieser zielführend ist. Denn selbst bei Vorlage von Dokumenten, z.B. Sachverständigengutachten, ist zu berücksichtigen, inwieweit aufgrund der Komplexität des Falls hier ein überwiegendes Interesse des Antragstellers zu vermuten ist. Dabei sind auch die finanziellen Auswirkungen zu berücksichtigen; ggf. ist eine Konzentration auf das Hauptsacheverfahren eher angezeigt.
Autor: Rechtsanwalt Thomas Dahmen, Gotha
ZAP F. 19, S. 1013–1022