a) Mehrere Termine an einem Tag
Das AG Cottbus hatte sich mit der Frage zu befassen, ob an einem Tag mehrere Hauptverhandlungsterminsgebühren anfallen können, und hat dies bejaht:
Rechtsprechungshinweis:
"Wird eine Hauptverhandlung nach § 228 StPO ausgesetzt und findet noch am selben Tag ein neuer Hauptverhandlungstermin statt, weil der zum Pflichtverteidiger beigeordnete Rechtsanwalt auf die Einhaltung der Ladungsfristen verzichtet, so handelt es sich bei dem zweiten Termin an diesem Tag um einen eigenständigen Termin; es entstehen zwei Terminsgebühren nach Nr. 4108 VV RVG" (AG Cottbus, Beschl. v. 4.10.2016 – 72 Ls 1610 Js 19300/12 (14/14), AGS 2017, 27 = RVGreport 2017, 61 = NJW-Spezial 2017, 92).
Diese Auffassung dürfte jedoch mit dem Gesetz wohl kaum zu vereinbaren sein. Die Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV RVG entsteht "je Hauptverhandlungstag" und nicht je Hauptverhandlung. Dass der Anwalt dem Gericht entgegen gekommen ist und diesem Kosten erspart hat, ist zwar löblich, aber findet im Gebührentatbestand der Nr. 4108 VV RVG keinen Niederschlag.
b) Ausgefallener Termin
Die Terminsgebühr fällt nach Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG auch dann an, wenn der Anwalt zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet. Dazu gehört auch der Fall, dass unmittelbar vor Beginn der Hauptverhandlung das Rechtsmittel oder der Einspruch zurückgenommen wird:
Rechtsprechungshinweis:
"Dem zum Termin erschienenen Verteidiger steht eine Terminsgebühr auch dann zu, wenn der Termin wegen einer vom Verteidiger – im Anschluss an ein Rechtsgespräch und nach Rücksprache mit dem Angeklagten – noch vor Beginn der Hauptverhandlung erklärten Berufungsrücknahme nicht stattfindet" (LG Potsdam, Beschl. v. 30.4.2015 – 24 Qs 7/15, NStZ-RR 2015, 231 = Rpfleger 2015, 598 = JurBüro 2015, 466 = AGS 2015, 381 = RVGreport 2015, 308).
Findet der Termin dagegen ohne den Verteidiger statt, entsteht für den nutzlos angereisten Verteidiger keine Terminsgebühr:
Rechtsprechungshinweis:
"Für die Entstehung der Terminsgebühr nach Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG ist entscheidend, dass der Termin für den geladenen Verteidiger "nicht stattgefunden", und dieser bereits durch Vorbereitung des Termins und Anreise einen grundsätzlich vergütungsfähigen Aufwand betrieben hat. Daher ist es unerheblich, wenn der Termin zwar stattfindet, jedoch mit einem anderen als dem ursprünglich geladenen und erschienenen Rechtsanwalt" (AG Hagen (Westfalen), Beschl. v. 21.9.2007 – Ls 643 Js 96/05 – 110/05, AGS 2008, 78 = RVGreport 2007, 426 = RVGprof. 2008, 24).
Dagegen soll die Terminsgebühr entstehen, wenn der Termin vorverlegt worden ist und ohne den Verteidiger stattgefunden hat. Der ursprünglich anberaumte Termin gilt dann als ausgefallen:
Rechtsprechungshinweis:
"Dem Verteidiger ist die Terminsgebühr zumindest in entsprechender Anwendung der Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG zu erstatten, wenn das Gericht ihm die Teilnahme zwar nicht durch Aufhebung des Termins, sondern durch Vorverlegung unmöglich gemacht hat" (LG Dortmund, Beschl. v. 9.2.2016 – 34 Qs 7/16, RVGreport 2016, 221 = RVGprof. 2017, 58).
Erforderlich ist immer, dass der Anwalt zum Zeitpunkt seiner Anreise keine Kenntnis von der Terminsaufhebung hatte und auch nicht haben konnte. Hat er rechtzeitig Kenntnis erlangt oder hätte er bei gehöriger Büroorganisation Kenntnis erlangen können, steht ihm die Terminsgebühr nicht zu:
Rechtsprechungshinweis:
"1. |
Ein Rechtsanwalt verdient die Terminsgebühr nach Nr. 4121 VV RVG für die Teilnahme an der Hauptverhandlung (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 1 VV RVG). Er erhält die Terminsgebühr auch dann, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG). |
2. |
Dies gilt nicht, wenn er rechtzeitig von der Aufhebung oder der Verlegung des Termins Kenntnis erlangt hat (Vorbem. 4 Abs. 3 S. 3 VV RVG)" (OLG München, Beschl. v. 4.8.2014 – 6 St (K) 22/14, AGS 2015, 70 = RVGreport 2015, 66). |
Besteht Anlass, mit der Aufhebung des Termins zu rechnen, muss der Anwalt sich zuvor bei Gericht vergewissern, ob der Termin nicht zwischenzeitlich aufgehoben worden ist:
Rechtsprechungshinweis:
"Stellt der Pflichtverteidiger an einem Freitag einen Antrag auf Aufhebung des am Montag um 9.30 Uhr stattfindenden Hauptverhandlungstermins wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten, der erst nach Dienstschluss beim Gericht eingeht, so muss er sich, da er vor dem Eintreffen des Richters am Montag nicht mit einer förmlichen Abladung rechnen kann, vor der Abreise telefonisch erkundigen, ob der Termin stattfindet oder aufgehoben ist. Tut er dies nicht und erscheint zu dem aufgehobenen Termin, so kann er keine Terminsgebühr nach Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG verlangen" (LG Neuruppin, Beschl. v. 4.5.2009 – 11 Qs 166/08, RVGprof. 2009, 140 = RVGreport 2010, 26).
Auch dann, wenn dem Anwalt die Terminsgebühr für den ausgefallenen Termin zusteht, kann diese unterdurchschnittlich zu bemessen sein. Zu berücksichtigen ist aber, dass auch die Vorbereitung...