1. Termine außerhalb der Hauptverhandlung
a) Richterliche Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen
Die Terminsgebühr der Nr. 4102 VV RVG entsteht zunächst für die Teilnahme an richterlichen Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen. Diese Tatbestandsvarianten bereiten in der Praxis keine Probleme, weshalb es hierzu auch kaum Rechtsprechung gibt.
b) Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft/Strafverfolgungsbehörde
Des Weiteren entsteht die Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV RVG für die Teilnahme an Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft oder eine andere Strafverfolgungsbehörde. Hierzu zählt auch die Teilnahme an polizeilichen Vernehmungen. Hier steht dem Verteidiger zwar kein Anwesenheitsrecht zu, die Polizei kann den Verteidiger jedoch teilnehmen lassen.
c) Verhandlungen mit Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung
Im Gegensatz zu den übrigen Varianten der Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV RVG ist für die Gebühr nach Nr. 4102 Nr. 3 VV RVG erforderlich, dass eine Verhandlung tatsächlich stattfindet. Ausweislich der Begründung des Gesetzgebers sollten mit der getroffenen Formulierung die häufig nur sehr kurzen reinen Haftbefehlsverkündungstermine nicht erfasst werden. Für das Entstehen der Gebühr nach 4102 Nr. 3 VV RVG reicht es daher nicht, wenn in dem Termin nicht mehr geschehen ist als die reine Verkündung des Haftbefehls.
Rechtsprechungshinweise:
- "Voraussetzung des Entstehens der Gebühr Nr. 4102 Nr. 3 VV RVG ist ein Verhandeln über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft. Das bedeutet, dass der Verteidiger im Termin für den Beschuldigten in der Weise tätig geworden sein muss, dass er Erklärungen oder Stellungnahmen abgegeben oder Anträge gestellt hat, die dazu bestimmt waren, die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft abzuwenden" (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.6.2014 – 1 Ws 85/14, StraFo 2014, 350 = RVGreport 2014, 428).
- "Nr. 4102 Nr. 3 VV RVG sieht eine Terminsgebühr (nur) für die Teilnahme an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung vor, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt wird. Ein "Verhandeln" liegt nicht vor, wenn nur ein Haftbefehl verkündet wird. Reine Haftbefehlsverkündungstermine werden daher nicht gesondert honoriert" (OLG Jena, Beschl. v. 15.10.2013 – 1 Ws 344/13, RVGreport 2014, 24).
"1. Die allgemeine Terminsgebühr nach Nr. 4102 Nr. 3 VV RVG entsteht nur, wenn in dem Termin über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung "verhandelt" wird. In dem Termin muss mehr geschehen sein als die bloße Verkündung des Haftbefehls oder Unterbringungsbefehls.
2. Die im Termin geäußerte Bitte des Verteidigers um umgehende Mitteilung des Landeskrankenhauses und um Bestellung als Pflichtverteidiger reicht für die Entstehung der Terminsgebühr nicht aus" (LG Düsseldorf, Beschl. v. 23.8.2013 – 4 KLs 24/12).
"1. Nimmt ein Verteidiger einen Termin wahr, in dem lediglich ein Haftbefehl verkündet wird, so entsteht keine Terminsgebühr i.S.d. Nr. 4102 Nr. 3 VV RVG. Eine derartige Gebühr entsteht nur dann, wenn in Terminen außerhalb der Hauptverhandlung "verhandelt" wird.
2. Es liegt auch kein "Verhandeln" vor, wenn der Verteidiger in einem Haftbefehlsverkündungstermin seine Beiordnung als Pflichtverteidiger, Akteneinsicht oder die Durchführung einer mündlichen Haftprüfung beantragt" (AG Bersenbrück, Beschl. v. 1.2.2013 – 7 Gs – 950 Js 46602/12 (224/12), JurBüro 2013, 303).
Zu beachten ist hierbei, dass in den Fällen eines Haftbefehls nach § 230 Abs. 2 StPO bei dessen Verkündung i.d.R. eine Verhandlung zur Sache vorausgeht, da in diesen Fällen regelmäßig überprüft werden muss, ob der Angeklagte tatsächlich unentschuldigt der Hauptverhandlung ferngeblieben ist. Anders als in den Fällen der Haftanordnung nach §§ 112 ff. StPO, in denen sich die Haftgründe i.d.R. aus der Aktenlage ergeben, ist dies bei dem Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO nicht der Fall. Denn hier stellt sich nach Aktenlage die Sache zunächst nur so dar, dass der Angeklagte ohne weitere Erklärung der Hauptverhandlung ferngeblieben ist, so dass sich auf entsprechende Rückfragen neue, ihn entlastende, Aspekte ergeben können.
Rechtsprechungshinweis:
"Wird ein Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO verkündet, so ist davon auszugehen, dass bei dessen Verkündung eine Verhandlung zur Sache i.d.R. sehr nahe liegt, weil in diesen Fällen regelmäßig überprüft werden muss, ob der Angeklagte tatsächlich unentschuldigt der Hauptverhandlung ferngeblieben ist. Daher liegt ein "Verhandeln" i.S.d. Nr. 4102 Nr. 3 VV RVG vor" (LG Berlin, Beschl. v. 8.11.2010 – 524 – 58/09, AGS 2011, 434 = RVGreport 2011, 226 = RVGprof. 2011, 122).
d) Verhandlungen im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs
Nach Nr. 4102 Nr. 4 VV RVG erhält der Verteidiger eine Terminsgebühr für die Teilnahme an Verhandlungen im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs. Erforderlich ist auch hier ein "Termin". Eine bloße telefonische, kurze Verhandlung mit dem Verletzten oder dessen Bevollmächtigten lässt daher eine Terminsgebühr im Gegensatz zu der Terminsgebühr nach Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG noch nicht entstehen (a.A. Madert AGS 2005, 277):
Rechtsprechungshinweis:
"Für das Entstehen der Gebühr Nr. 4102 Nr. 4 VV RVG reicht telefonischer bzw. E-Mail-Verkehr nicht aus" (AG Darmstadt, B...