Wenn gegen den Versicherungsnehmer Haftpflichtansprüche gerichtlich geltend gemacht werden, hat er die Führung des Rechtsstreits dem Versicherer zu überlassen (E.1.2.4 AKB 2015). Diese Prozessführungsbefugnis beinhaltet auch und vor allem das Recht des Versicherers, den Prozessanwalt für den Versicherungsnehmer und die übrigen Versicherten zu bestellen.
Da der Haftpflichtversicherer – anders als der Rechtsschutzversicherer – nicht nur das Kostenrisiko, sondern auch das Sachrisiko trägt, liegt in dieser Prozessführungsbefugnis kein Verstoß gegen die freie Anwaltswahl (vgl. van Bühren AnwBl 1987, 13 m. Rspr.-Übersicht; Stiefel/Maier, AKB, 19. Aufl. 2017, E.1 Rn 216 ff.).
Versicherungsnehmer, die einen Rechtsanwalt eigener Wahl beauftragen, begehen eine Obliegenheitsverletzung mit der Rechtsfolge, dass die Anwaltskosten von ihnen selbst zu tragen sind. Ein Rechtsanwalt, der unter Missachtung der Prozessführungsbefugnis des Haftpflichtversicherers gleichwohl ein Mandat annimmt, hat keinen Gebührenanspruch gegen seinen Auftraggeber, wenn er ihn nicht darüber belehrt hat, dass er in jedem Fall die Prozesskosten selbst zu tragen hat; es liegt dann ein Verstoß gegen die Beratungspflicht des Rechtsanwalts vor, der sich sogar schadenersatzpflichtig macht (BGH VersR 1985, 83; OLG Düsseldorf VersR 1985, 92; LG München r+s 1986, 4).
Hinweis:
Auch im Falle des Obsiegens besteht kein Kostenerstattungsanspruch, da es sich insoweit nicht um notwendige Prozesskosten handelt (BGH, IV ZB 76/03, zfs 2004, 379 = NJW-RR 2004, 536; a.A. OLG Hamburg, 8 W 149/02, DAR 2003, 36).
Ebenso wenig ist eine evtl. vorhandene Rechtsschutzversicherung eintrittspflichtig, da diese nur die Kosten der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus Verkehrsunfällen übernimmt, nicht der Abwehr.
Ein Versicherungsnehmer darf nur dann einen Rechtsanwalt seiner Wahl beauftragen, wenn besondere Gründe vorliegen, die eine Vertretung durch den vom Versicherer gestellten Prozessanwalt als unzumutbar (BGH, IV ZB 76/03, zfs 2004, 379 = NJW-RR 2004, 536; a.A. OLG Hamburg, 8 W 149/02, DAR 2003, 36) erscheinen lassen; dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn
- der vom Versicherer beauftragte Prozessanwalt bereits in einem anderen Verfahren gegen den Versicherungsnehmer tätig war (BGH NJW 1981, 1952) oder
- zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer Meinungsverschiedenheiten über die Deckungspflicht auftreten (OLG Karlsruhe VersR 1979, 944).
Droht im schriftlichen Vorverfahren wegen der 2-Wochen-Frist von § 276 Abs. 1 ZPO ein Versäumnisurteil, kann es ausnahmsweise gerechtfertigt sein, "auf eigene Faust einen Rechtsanwalt zu beauftragen" (LG Göttingen AnwBl 1987, 284, 285; LG Kleve zfs 1992, 63; van Bühren AnwBl 1987, 13 m.w.N.).
Wenn dann jedoch der Versicherer einen Prozessanwalt seiner Wahl auch für den Versicherungsnehmer beauftragt, ist nur die Verfahrensgebühr zu erstatten, während es sich bei der Termingebühr nicht mehr um notwendige Prozesskosten handelt (LG Göttingen AnwBl 1987, 285).
Versicherungsnehmer und Rechtsanwalt müssen davon ausgehen, dass der Haftpflichtversicherer die ihm obliegende Prozessführungsbefugnis für den Versicherungsnehmer und den versicherten Fahrer wahrnimmt (OLG Hamburg, 14 U 40/09, SP 2009, 341).
Verpflichtet sich der Haftpflichtversicherer, bei Klagerücknahme keinen Kostenantrag zu stellen, darf dennoch zugunsten des Anwalts, der den Versicherungsnehmer vertritt, ein Kostenbeschluss ergehen, da E.1.2.4 AKB 2015 nur das Innenverhältnis betrifft (OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 1116; a.A.: LG Bochum r+s 1991, 363).