Das Verlassen der Unfallstelle ist nicht in jedem Fall eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, da diese voraussetzt, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann.
Auch der Kausalitätsgegenbeweis ist in der Weise möglich, dass die Beachtung der aus § 142 Abs. 2 StGB folgenden Rechtspflichten keine zusätzlichen Aufklärungsmöglichkeiten verschafft hätte (LG Hechingen, 3 S 24/17, r+s 2018, 296; LG Hamburg, 306 S 77/16, zfs 2018, 333; AG Borna, 4 C 1353/13 r+s 2015, 442; a.A.: OLG Saarbrücken, 5 U 26/16, zfs 2017, 694).
Es genügt, wenn der Versicherungsnehmer seinen Versicherer zu einem Zeitpunkt informiert, zu dem er durch Mitteilung an den Geschädigten eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 StGB noch hätte abwehren können (BGH, IV ZR 97/11, NZV 2013, 179 = r+s 2013, 61; OLG Hamm, 20 U 240/15, VersR 2016, 1365 = NZV 2016, 582 = zfs 2016, 573 = NJW-RR 2016, 1177; OLG München, 10 U 2160/15, VersR 2016, 1387 = r+s 2016, 342 = zfs 2016, 274; AG Dortmund, 436 C 5546/13, zfs 2015, 395; AG Köln, 269 C 72/13, r+s 2015, 285; AG Dortmund, 436 C 5546/13, r+s 2015, 443; a.A. OLG Frankfurt, 14 U 208/14, zfs 2015, 396).
In folgenden Fällen wurde eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit angenommen:
- Eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gemäß Nr. E.1.3 AKB 2008 kann auch vorliegen, wenn der objektive und subjektive Tatbestand von § 142 StGB nicht erfüllt ist (OLG Stuttgart, 7 U 121/14, zfs 2015, 96 m. krit. Anm. Rixecker; OLG Saarbrücken, 5 U 75/14, VersR 2016, 1368).
- Ein Versicherungsnehmer, der die Unfallstelle verlässt, ohne den Geschädigten oder die Polizei zu verständigen, verstößt arglistig gegen seine Aufklärungsobliegenheit (OLG Frankfurt, 14 U 208/14, SP 2015, 373; VersR 2016, 47).
In folgenden Fällen wurde eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit abgelehnt:
- Wenn der Versicherungsnehmer die erforderlichen Angaben nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB gemacht hat, kann er sich von der Unfallstelle entfernen und muss nicht die Polizei hinzuziehen oder deren Erscheinen an der Unfallstelle abwarten (OLG München, 10 U 2166/15, zfs 2016, 274 = r+s 2016, 342; OLG Saarbrücken, 5 U 75/14, zfs 2016, 212 = r+s 2016, 284 = NJW-RR 2016, 923).
- Arglist liegt nur dann vor, wenn der Versicherungsnehmer beim Verlassen der Unfallstelle einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und sich bewusst ist, dass sein Verhalten möglicherweise die Schadensregulierung beeinflussen könnte. Die allgemeine Annahme, dass bei Unfallflucht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit spricht, ist zu weitgehend (OLG Saarbrücken, 5 U 26/16, VersR 2018, 415; LG Bonn, 8 S 118/13, zfs 2014, 215).