1. Vorbemerkung
Durch das Schadensrechtsänderungsgesetz vom 1.8.2002 können die Insassen eines Kraftfahrzeugs gegen dessen Pflichthaftpflichtversicherer in gleichem Umfang Schadensersatzansprüche geltend machen, wie Geschädigte außerhalb des Fahrzeugs. Lediglich der berechtigte Führer des Kraftfahrzeugs wird von der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG durch § 8 Nr. 2 StVG ausgeschlossen (zu Haftungsgrundlagen und -voraussetzungen, insb. zur Halterhaftung s. Grüneberg ZAP F. 9, S. 999 f.).
Die Fahrerschutzversicherung dient der Gleichstellung mit den anderen Fahrzeuginsassen, so dass der Fahrer gegen seinen (eigenen) Haftpflichtversicherer Haftpflichtansprüche geltend machen kann im gleichen Umfang, wie gegenüber dem Haftpflichtversicherer des anderen beteiligten Fahrzeugs. Die Fahrerschutzversicherung ist nur subsidiär leistungspflichtig. Sie gleicht die Nachteile aus, wenn bei fehlender oder partieller Haftung des Unfallgegners die Personenschäden des Fahrers nicht oder nicht in vollem Umfang durchgesetzt werden können.
Obgleich diese Fahrerschutzversicherung in Deutschland bereits im Jahr 2002 eingeführt wurde, ist sie nach wie vor weitgehend unbekannt; sie ist im Regelfall sinnvoller als eine Insassenunfallversicherung, zumal die Mehrprämie denkbar gering ist (Becker zfs 2018, 364 ff.).
Literaturhinweis:
Zur Insassenunfall- und Fahrerschutzversicherung in der Kraftfahrtversicherung vgl. auch Knappmann ZAP F. 9, S. 871.
2. Leistungsumfang
Erstmalig in den aktuellen Musterbedingungen (AKB 2015) ist die Fahrerschutzversicherung geregelt. Durch die Fahrerschutzversicherung wird der berechtigte Fahrer bei einem Personenschaden so gestellt, wie die anderen Insassen des Fahrzeugs. Personenschäden werden daher so reguliert, wie dies durch den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zu geschehen hätte.
Hat der gegnerische Haftpflichtversicherer den Schaden mit einer Quote von 50 % reguliert, ist der versicherte Fahrer berechtigt, die weiteren 50 % gegenüber seinem (eigenen) Pflichthaftpflichtversicherer geltend zu machen (Heinrichs DAR 2011, 565, 567). Folgerichtig wird die Fahrerschutzversicherung auch als "Restschadensversicherung" bezeichnet (Heinrichs a.a.O.). Die vom gegnerischen Haftpflichtversicherer vorgenommene Bestimmung der Schadenshöhe ist für den Fahrerschutzversicherer nicht bindend, da dieser eigenverantwortlich die geltend gemachten Schadenspositionen überprüft (Heinrichs DAR 2011, 565, 567). Dies gilt auch für die vom gegnerischen Haftpflichtversicherer zugrunde gelegte Mithaftungsquote: Wenn der Fahrerschutzversicherer die "Gegenquote" reguliert hat, kann er die ursprünglichen Schadensersatzansprüche des Fahrers beim gegnerischen Haftpflichtversicherer geltend machen. Die Ansprüche des Fahrers gehen gem. § 86 VVG auf den Fahrerschutzversicherer über (OLG Koblenz, 12 U 1095/12, VersR 2014, 1365).
a) Schmerzensgeld
Die Bestimmung des Schmerzensgelds erfolgt nach den Grundsätzen gem. § 253 Abs. 2 BGB. Das Schmerzensgeld ist nicht niedriger zu bemessen, wenn der Schädiger lediglich aus Betriebsgefahr haftet (OLG Celle DAR 2004, 225 = NZV 2004, 251; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 253 Rn 2 m.w.N.). Bei Verkehrsunfällen steht die Ausgleichsfunktion im Vordergrund, die Genugtuungsfunktion tritt hinter diese Ausgleichsfunktion zurück (OLG Celle DAR 2004, 225 = NZV 2004, 251 = SP 2004, 119; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 253 BGB, Rn 4 m.w.N.).
b) Haushaltsführungsschaden
Auch hier gelten die Grundsätze des Schadensersatzrechts bei Verkehrsunfällen. Die bei einem Unfall verletzte Person, die ganz oder teilweise mit der Haushaltsführung betraut ist, hat einen eigenen Schadensersatzanspruch. Die Beeinträchtigung der Fähigkeit, Hausarbeiten durchzuführen, ist nach den fiktiven Kosten für eine Hilfskraft zu bemessen, und zwar auch dann, wenn Ehepartner oder andere Familienangehörige die Hausarbeit durchführen (OLG Düsseldorf NZV 2007, 40). Zu den einzelnen Berechnungsmethoden gibt es eine Vielzahl von Tabellen und Rechtsprechungsbeispielen (u.a. Pardey, Der Haushaltsführungsschaden, 9. Aufl. 2018; C. Schah Sedi, Praxishandbuch Haushaltsführungsschaden, 2017). Der BGH (VI ZR 183/08, VersR 2009, 515 = SP 2009, 143) bestätigt, dass diese Tabellen eine geeignete Schätzungsgrundlage sein können.
Bei einer 20 %-igen MdE scheidet ein Haushaltsführungsschaden i.d.R. aus (KG SP 2004, 299; Halm/Kreuter/Schwab, AKB-Kommentar, Fahrerschutzversicherung, Rn 29).
Literaturhinweis:
Zum Haushaltsführungsschaden vgl. auch Damrau ZAP F. 2, S. 605.
c) Verdienstausfall
Der Verdienstausfall ist gem. § 252 BGB zu ersetzen. Der entgangene Verdienst aus abhängiger Tätigkeit wird nach Ende der Entgeltfortzahlung nach der modifizierten Bruttomethode ermittelt (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 252 BGB, Rn 8; BGH zfs 2000, 14). Ersparnisse an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sind nach den Grundsätzen des Vorteilausgleichs zu berücksichtigen.
Bei entgangenem Verdienst aus selbstständiger Arbeit muss der entgangene Gewinn konkret anhand der Betriebsergebnisse ermittelt werden (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 252 BGB, Rn 14 m.w.N.). Die Minder...