a) Berechnung
Einen Anspruch auf Einhaltung der Ladungsfrist, die vor Überraschungsverfahren schützen soll (BGHSt 24, 143 = NJW 1971, 1278), haben der Angeklagte (§ 217 Abs. 1 StPO) und sein Verteidiger (§§ 218 S. 2, 217 Abs. 1 StPO) in dem Umfang, in dem ihnen gegenüber eine Ladungspflicht besteht, weil dadurch jeweils ausreichend Zeit für die Vorbereitung eingeräumt werden soll. Eingehalten werden muss die Frist des § 217 Abs. 1 StPO aber nur für die Ladung zum ersten Hauptverhandlungstag in 1. Instanz und wenn das Urteil durch das Revisionsgericht aufgehoben und die Sache an das Tatgericht zurückverwiesen wurde (Burhoff, HV, Rn 678).
Die Ladungsfrist beträgt gem. § 217 Abs. 1 StPO mindestens eine Woche. Diese Mindestfrist soll dem Angeklagten genügend Zeit für die Vorbereitung seiner Verteidigung gewähren (BGHSt 24, 143). Da es sich somit um eine den Schutz des Angeklagten bezweckende Vorschrift handelt, kann der Angeklagte – auch gegen den Widerstand seines Verteidigers – auf die Einhaltung der Ladungsfrist verzichten (KK-Gmel, § 217 Rn 8; a.A. Rieß NJW 1977, 883). Der Verzicht des Angeklagten auf die Einhaltung der Ladungsfrist beinhaltet aber nicht vorab schon den Verzicht auf die Rüge, dass im Fall der notwendigen Verteidigung die Hauptverhandlung ohne Pflichtverteidiger stattgefunden hat (§ 338 Nr. 5 StPO; OLG Hamm StraFo 1998, 164, 269).
Aus dem Wortlaut des § 217 Abs. 1 StPO – "zwischen" – ist abzuleiten, dass bei der Fristberechnung der Tag der Zustellung und der Tag, an dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, nicht mitgerechnet werden. § 43 Abs. 2 StPO gilt nicht (Meyer-Goßner/Schmitt, § 217 Rn 2). Fallen in die Wochenfrist aber mehrere Feiertage, kann darin eine Behinderung der Verteidigung liegen (KK-Gmel, § 217 Rn 5 m.w.N.).
b) Nichteinhaltung der Ladungsfrist
Trotz Nichteinhaltung der Ladungsfrist bleibt der Angeklagte zunächst verpflichtet, in der Hauptverhandlung zu erscheinen. Dort ist er vom Gericht darüber zu belehren, dass er die Nichteinhaltung der Ladungsfrist beanstanden und Aussetzung der Hauptverhandlung beantragen kann (§ 228 Abs. 3 StPO), was er jedoch auch bereits vor der Hauptverhandlung schriftlich (z.B. mittels Telefax) tun kann. Rechtzeitig ist der Antrag, wenn er vor Beginn der Hauptverhandlung bei Gericht eingegangen ist, selbst wenn er dem zuständigen Richter noch nicht vorliegt (a.A. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.7.1996 – 1 Ss 161/96 [für einen 30 Minuten vor Beginn der Hauptverhandlung eingegangenen Antrag]). Erst der rechtzeitig vor der Hauptverhandlung gestellte Aussetzungsantrag entbindet den Angeklagten von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung (BGHSt 24, 143 = NJW 1971, 1278; OLG Düsseldorf VRS 97, 139; Burhoff, HV, Rn 2035).
Das Beanstandungs- und Antragsrecht steht dem Angeklagten auch zu, wenn gegenüber seinem Verteidiger die Ladungsfrist nicht eingehalten wurde und dieser deshalb nicht vor Gericht erscheint. Der erschienene Verteidiger wiederum kann für seinen Mandanten die Nichteinhaltung der diesen betreffenden Ladungsfrist beanstanden; ein originäres Beanstandungs- und Aussetzungsantragsrecht hat der Verteidiger nur, wenn die Frist ihm gegenüber nicht eingehalten wurde.
Formulierungsvorschlag:
(...) beanstande ich die Nichteinhaltung der Ladungsfrist verbunden mit dem Antrag, die Hauptverhandlung auszusetzen (§ 217 StPO). Die Ladung zur Hauptverhandlung wurde dem (...) (meinem Mandanten) ausweislich des Zustellvermerks auf dem Briefumschlag am (...) zugestellt. Damit liegen zwischen dem Tag der Zustellung und dem der anberaumten Hauptverhandlung lediglich fünf Tage. Dieser Zeitraum reicht zur Vorbereitung der Hauptverhandlung nicht aus, zumal ich an zwei dieser fünf Tage infolge der Verteidigung in einem anderen Verfahren ortsabwesend bin.
Rechtsanwalt