Auch beim Kindesunterhalt kann die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen durch Schuldverpflichtungen begrenzt oder sogar ausgeschlossen sein. Allerdings müssen sich minderjährige Kinder dabei grds. auch diejenigen Kreditverbindlichkeiten entgegenhalten lassen, die in der Zeit des Zusammenlebens der Eltern zum Zwecke gemeinsamer Lebensführung – und nicht nur zur Wahrnehmung persönlicher Bedürfnisse des Unterhaltspflichtigen – eingegangen worden sind (vgl. BGH BGHZ 150, 12 = FamRZ 2002, 536 Rn 19 f.). Ist der Elternteil mit Verbindlichkeiten belastet, beeinträchtigt dies naturgemäß auch die Lebensstellung des Kindes. Da es beim Kindesunterhalt immer auf das aktuelle, tatsächlich verfügbare Einkommen ankommt, gilt dies ggf. auch für die nach der Trennung oder Scheidung aufgenommenen Belastungen. Weil Kinder aber jedenfalls bis zum Ende ihrer Schulpflicht keine Möglichkeit haben, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs beizutragen, und auf die Entstehung der von den Eltern aufgenommenen Schulden keinen Einfluss nehmen konnten, wird die Billigkeitsabwägung bei ihnen im Allgemeinen dazu führen, dass wenigstens der Mindestunterhalt zu zahlen ist, soweit dies nicht nur auf Kosten einer ständig weiter anwachsenden Verschuldung geschehen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 22.5.2019 – XII ZB 613/16, FamRZ 2019, 1415; BGH, Urt. v. 30.1.2013 – XII ZR 158/10, FamRZ 2013, 616 Rn 19 f. m.w.N.; BGH, Urt. v. 11.12.1985 – IVb ZR 80/84, FamRZ 1986, 254, 256).
Hinweis:
Mit dem letzten Halbsatz wird deutlich gemacht, dass die vorgenannten Einschränkungen jedenfalls dann nicht gelten, wenn der verschuldete Elternteil nicht einmal in der Lage ist, die anfallenden Zinsen vollständig abzudecken und sein Schuldenberg daher weiter anwächst.
Die unterschiedliche Berücksichtigung von Schuldenbelastungen beim Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt führt dazu, dass u.U. für Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt getrennte Berechnungen durchzuführen sind!
Prinzipiell sollte sichergestellt sein, dass wenigstens der Unterhalt in Höhe des Regelbetrags (der untersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle) gewährleistet ist. Ausnahmen können folglich allenfalls dann gelten, wenn der Unterhaltspflichtige andernfalls nicht einmal die regelmäßige Zinsbelastung abdecken, jedenfalls aber nicht seine Schuldverpflichtungen tilgen könnte. Denn dann würde die Nichtberücksichtigung der Schulden zu einer ständig weiter wachsenden Verschuldung des Unterhaltspflichtigen führen.
Praxistipp:
Zu beachten ist aber die unterhaltsrechtliche Obliegenheit des Unterhaltspflichtigen, sich um die Reduzierung der monatlichen Raten aktiv zu bemühen (Staudinger/Voppel (2018) BGB § 1361, Rn 109 m.w.N.; Viefhues in: jurisPK-BGB § 1603 BGB, 1. Überarbeitung 2018, Rn 230).
Hierzu muss er konkret vortragen (BGH, Beschl. v. 19.3.2014 – XII ZB 367/12, FamRZ 2014, 923; OLG Koblenz, Beschl. v. 24.2.2016 – 13 UF 795/15, FuR 2016, 539). Allerdings ist zur Herabsetzung der Darlehensraten das Einverständnis des Kreditgebers erforderlich. Der Unterhaltspflichtige, der sich auf die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung von Schuldenbelastungen beruft, muss sich um die Herabsetzung der monatlichen Raten beim Kreditgeber aktiv bemühen, um im Unterhaltsrechtsstreit eine Herabsetzung der Monatsraten zu erreichen. Die Vorlage einer lediglich allgemeinen Äußerung der Bank genügt nicht (OLG Brandenburg, Beschl. v. 9.1.2018 – 10 UF 104/16, FuR 2018, 363).
Im Zweifel sollte der Unterhaltspflichtige, der sich auf Darlehensbelastungen beruft, vorsorglich bei seiner Bank vorsprechen und ggf. eine Bescheinigung der Bank vorlegen, aus der sich ergibt, dass und ggf. aus welchen sachlich nachvollziehbaren Gründen die Bank eine Herabsetzung der monatlichen Raten ablehnt. Eine Herabsetzung scheidet in aller Regel aus, wenn die regelmäßigen Ratenzahlungen ohnehin fast nur die Zinsen abdecken (vgl. BGH, Beschl. v. 22.5.2019 – XII ZB 613/16; BGH, Urt. 30.1.2013 – XII ZR 158/10, FamRZ 2013, 616 Rn 19 f. m.w.N.; BGH, Urt. v. 11.12.1985 – IVb ZR 80/84, FamRZ 1986, 254, 256).
Für die Berücksichtigungsfähigkeit der Schulden ist der Unterhaltspflichtige darlegungs- und beweispflichtig (BGH FamRZ 1990, 283, 287). Daher hat er gegenüber einem Anspruch des minderjährigen Kindes auf Mindestunterhalt darzulegen und ggf. zu beweisen, dass es ihm nicht gelungen ist, durch Verhandlungen mit den Gläubigern eine Herabsetzung der Darlehensbelastungen zu erreichen (OLG Schleswig, Beschl. v. 10.12.2004 – 10 UF 251/04, FamRZ 2005,1109 ff.; OLG Frankfurt FamRZ 2005, 803).