1. Allgemeine Anrechnungsregelung für berufsbedingte Aufwendungen
Bei jeder beruflichen Tätigkeit fallen typischerweise Kosten an, wie z.B. Fahrtkosten. Solche berufsbedingten Aufwendungen können unterhaltsrechtlich in Abzug gebracht werden.
Hinweis:
Berufsbedingte Aufwendungen sind grds. nur bei Arbeitseinkommen abzugsfähig. Damit scheidet ein Abzug aus bei anderen Einkünften von Arbeitnehmern wie z.B. Kapitaleinkünften, Mieteinkommen usw., aber auch bei anzurechnenden Vorteilen wie dem Wohnwert der selbstgenutzten Wohnung, bei Renten, Pensionen und dem Einkommen von Selbstständigen.
Zur Vereinfachung werden von einigen Obergerichten Pauschalbeträge angesetzt. So sind nach der Düsseldorfer Tabelle 5 % des Nettoeinkommens pauschal abzuziehen, wobei ein Mindestbetrag von 50 EUR und ein Höchstbetrag von 150 EUR zu berücksichtigen ist. Bei Teilzeitbeschäftigung kann der Mindestbetrag auch niedriger angesetzt werden. Der BGH hat Pauschalen in dieser Höhe nicht beanstandet (BGH NJW 1992, 1621; vgl. auch BGH FamRZ 2002, 536). Andere Oberlandesgerichte lassen Pauschalen nicht zu, sondern verlangen eine konkrete Darlegung der berufsbedingten Aufwendungen.
Dabei wird die Pauschale in aller Regel zusätzlich neben dem Erwerbstätigkeitsbonus angewandt. Die Pauschale soll den tatsächlichen, konkret bezifferbaren Aufwand decken, während der Erwerbstätigkeitsbonus als Anreiz für die Erwerbstätigkeit dient und die Aufwendungen ausgleichen soll, die sich nicht eindeutig von den privaten Lebenshaltungskosten abgrenzen lassen. Diese Pauschale wird vom bereinigten Nettoerwerbseinkommen berechnet, also nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben.
Wird mit der Pauschale gearbeitet, dann sind lediglich höhere notwendige Aufwendungen, die diese Pauschale übersteigen, konkret darzulegen. Erforderlich sind hierzu genaue Angaben zur Notwendigkeit des angefallenen Aufwands und zur Höhe, damit das Gericht dann eine Schätzung gem. § 287 ZPO vornehmen kann.
Eine Pauschale von 5 % des Einkommens wird dem Aufwand für Fahrtkosten im Einzelfall allerdings dann nicht gerecht, wenn der Unterhaltspflichtige unter Bezeichnung der wechselnden Arbeitsstellen nachvollziehbar darlegt, monatlich fast 2.000 km, für Fahrten zwischen seinem Wohnort bzw. dem Ort seiner auswärtigen Unterbringung und der jeweiligen Arbeitsstelle zurückgelegt zu haben, und der Arbeitgeber ihm diese Kosten nicht ersetzt. Angesichts einer detaillierten und übersichtlichen Zusammenstellung in Form von Monatstabellen, in denen für jeden Arbeitstag der Einsatzort und die zurückgelegte Entfernung aufgeführt sowie angegeben wird, ob eine Heimfahrt oder eine Übernachtung am Einsatzort stattfand, darf die Gegenseite sich nicht auf ein pauschales Bestreiten dieser Angaben beschränken.
Für Auszubildende gelten nach den Unterhaltstabellen feste Pauschbeträge (so 100 EUR nach der Düsseldorfer Tabelle 2019).
2. Einzelfragen
a) Berufsbedingte Fahrtkosten
Bei der konkreten Berechnung von notwendigen berufsbedingten Fahrtkosten wird bei der Benutzung eines Kraftfahrzeugs bislang üblicherweise von den Gerichten in Anlehnung an die Regelungen über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) entsprechend § 5 Abs. 2 JVEG festgesetzt. Werden Fahrtkosten zur Arbeit mit der in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien vorgesehenen Kilometerpauschale angesetzt, so sind hierin regelmäßig sämtliche Pkw-Kosten einschließlich derjenigen für Abnutzung und Finanzierungsaufwand enthalten (BGH, Urt. v. 1. 3. 2006 – XII ZR 157/03, FamRZ 2006, 846).
Hinweis:
Daher können die Kosten für den Ratenkredit, mit dem das Auto finanziert worden ist, nicht zusätzlich unterhaltsrechtlich abgesetzt werden.
Anstelle der pauschalierten Fahrtkosten können auch die eheprägenden Finanzierungskosten abgesetzt werden, die aber auf den berufsbedingten Anteil reduziert werden müssen (ggf. Schätzung nach § 287 ZPO). Hier ist also anwaltlicher Sachvortrag erforderlich, um diese Schätzung zu ermöglichen.
Fallen tatsächlich höhere notwendige Fahrtkosten an (z.B. durch wechselnde Arbeitsstellen an verschiedenen Orten), so können diese konkret geltend gemacht werden. Der Unterhaltspflichtige ist nicht auf die Pauschale beschränkt.
Bei Selbstständigen sind Fahrtkosten nicht abzusetzen, denn sie sind in die betrieblichen Kosten einzuordnen und stellen lediglich eine Position der Einnahme/Überschussrechnung dar.
Werden öffentliche Verkehrsmittel benutzt, so gelten die tatsächlich aufgewandten Kosten. Ein Unterhaltspflichtiger kann aber nicht ohne Weiteres dazu angehalten werden, öffentliche Verkehrsmittel anstelle seines Kraftfahrzeugs zu benutzen. Hier kommt es vielmehr auf die tatsächlichen Umstände (Verkehrsverbindung, Zeitaufwand) an. Fallen über längere Zeiträume erhebliche Mehrkosten durch die Benutzung des Pkw an, wird man u.U. aber über einen Wohnsitzwechsel des Unterhaltspflichtigen nachdenken müssen. Gegebenenfalls sind dann die anzurechnenden Kosten entsprechend zu beschränken.
Hinweis:
Zu beachten ist in der Praxis die unterhaltsrechtliche Obliegenheit, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, sofern dies in zumutbarer Weise möglich ist. Dann...