Dem BGH (Beschl. v. 26.4.2019 – 1 StR 37/19, NStZ-RR 2019, 248) lag dann folgender Sachverhalt zugrunde: Die Angeklagte war am 12.5.2018 aus der Haft entlassen worden. Da sie mit dem Leben in Freiheit nicht zurechtkam und das ihr zur Verfügung stehende Übergangsgeld bereits verbraucht hatte, entschloss sie sich, mit einem – zum Zwecke der Selbstverteidigung angeschafften – Pfefferspray einen Raub zu begehen. Durch die Straftat wollte sie wieder in das "geregelte Leben der Justizvollzugsanstalt" und zu ihrer dort nach wie vor inhaftierten Ehefrau gelangen. Vor diesem Hintergrund hielt die Angeklagte am 15.5.2018 in der Innenstadt von Augsburg gezielt nach einem möglichen Opfer Ausschau. Am Bahnhof erblickte sie die Geschädigte, die ein Mobiltelefon vom Typ Samsung Galaxy S7 in der Hand hielt, und entschloss sich, ihren Plan umzusetzen. Die Angeklagte ging auf die Geschädigte zu und sprühte ihr Pfefferspray ins Gesicht, um das Mobiltelefon an sich zu nehmen und es "ohne Berechtigung für sich behalten zu können". Aufgrund der Beeinträchtigung durch das Pfefferspray und aus Angst vor weiteren Angriffen ließ die Geschädigte das Mobiltelefon nach kurzer Zeit los, so dass die Angeklagte das Gerät an sich nehmen konnte. Die Angeklagte flüchtete schnellen Schritts einige Meter, wurde dann aber von einem Zeugen angehalten und schließlich von der Polizei festgenommen. Das entwendete Mobiltelefon wurde bei der Durchsuchung der Angeklagten in deren Hosentasche sichergestellt.
Das LG hat wegen "schweren Raubes" (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Dagegen die Revision der Angeklagten, die beim BGH Erfolg hatte: Der BGH hat eine tragfähige Begründung für die Annahme der Strafkammer, die Angeklagte habe zur Zeit der Wegnahme mit Zueignungsabsicht gehandelt, vermisst. Die Annahme stehe im Widerspruch zu der Feststellung, die Angeklagte habe den Überfall begangen, um wieder inhaftiert zu werden. Eine Zueignungsabsicht scheidet nämlich aus, wenn der Täter die fremde bewegliche Sache nur wegnehme, um sodann gestellt zu werden und die Sache sogleich wieder an den Eigentümer zurückgelangen zu lassen (vgl. BGH NStZ-RR 2012, 207 und auch schon GA 1969, 306 ff.). An der Zueignungsabsicht im Zeitpunkt der Wegnahme fehle es, wenn die Angeklagte ggf. davon ausgegangen sei, dass das Mobiltelefon infolge ihrer Ergreifung in der Folgezeit wieder an die Geschädigte zurückgelangen würde.
Hinweis:
Dass die Aneignung vom Täter nur als mögliche Folge seines Verhaltens in Kauf genommen wird, reicht für das Bejahen einer Zueignungsabsicht nicht aus. Vielmehr muss der Täter sie für sich oder einen Dritten mit unbedingtem Willen erstreben (vgl. BGH StraFo 2012, 276 = NStZ-RR 2012, 239 = StV 2013, 435 m.w.N.). Gegebenenfalls kommt die Annahme einer Zueignungsabsicht im Zeitpunkt der Wegnahme in diesen Fällen aber dann in Betracht, wenn die Festnahme lediglich ein (nachrangiges) Interesse gewesen wäre.