In einer Verfügung von Todes wegen kann der Erblasser individuell – abweichend von der gesetzlichen Erbfolge – seine Erben bestimmen. Dem Erblasser muss bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen bewusst sein, dass die eingesetzten Erben nach seinem Ableben intimste Einblicke in sein Privatleben durch analoge oder digitale Inhalte nehmen werden. Entsprechend sollte ein gefestigtes Vertrauensverhältnis zu den Erben bestehen. Sollte der Erblasser einen Zugriff durch die Erben aber nicht wünschen, kann er dies durch technische Maßnahmen oder durch die richtige Ausgestaltung der Verfügung von Todes wegen erreichen.
a) Technische Maßnahmen
Aus technischer Sicht ist zu differenzieren (vgl. Studie, Der digitale Nachlass – Eine Untersuchung aus rechtlicher und technischer Sicht, 12/2019, S. 183, a.a.O. vgl. abrufbare Website oben unter I.). Zunächst hat der Erblasser die Möglichkeit, seine gespeicherten Daten zu verschlüsseln, um sie vor einem unberechtigten Zugriff oder dem Zugriff durch die Erben zu schützen. Hier kann dem Erblasser aber keine Garantie dafür gegeben werden, dass die Erben die Verschlüsselung später durch entsprechende Programme nicht wieder aufheben. Bei den Vertragsbeziehungen oder Nutzungsrechten hat der Erblasser grds. die Möglichkeit, eine individualvertragliche Regelung mit dem jeweiligen Dienstanbieter zu treffen, wonach beispielweise die Vertragsbeziehung unter der auflösenden Bedingung gem. §§ 158 Abs. 2, 163 BGB des Ablebens des Nutzers steht. Mit dem Ableben des Nutzers endet die Vertragsbeziehung automatisch. Hier besteht aber das praktische Problem, dass die jeweiligen Dienstanbieter häufig solche Regelungsmöglichkeiten nicht bereitstellen. Der Erblasser wird daher nur im Einzelfall die vom jeweiligen Dienstanbieter zur Verfügung gestellten Möglichkeiten nutzen können. Beispielweise bieten bestimmte Dienstanbieter Einstellungsmöglichkeiten im jeweiligen Benutzerkonto an, wonach das Konto automatisch gelöscht wird, wenn der Dienstanbieter vom Tod des Erblassers erfährt. Das soziale Netzwerk "Xing" bietet eine solche Löschungsmöglichkeit an:
Zitat
Im Falle Deines Ablebens können Deine rechtlichen Erben auf Anforderung Einsicht in Deine XING Profildaten erhalten. Du kannst bei XING jedoch bestimmen, dass Deine XING Daten nicht vererbt, sondern stattdessen gelöscht werden. Klicke hier, um festzulegen, dass Dein Profil nach dem Tod gelöscht werden soll. Eine Löschung des Profils erfolgt in diesem Fall grundsätzlich zeitversetzt 12 Monate nach der Meldung. Bis dahin ist das entsprechende Profil vollständig deaktiviert und online nicht einsehbar (vgl. https://faq.xing.com/de/einstellungen/dein-xing-profil-nach-dem-tod; zuletzt abgerufen am 29.7.2020).
Facebook bietet mittlerweile mehrere Möglichkeiten an. Das Benutzerkonto wird, sofern Facebook von dem Tod des Nutzers erfährt, gelöscht. Das Benutzerkonto kann auch in den bereits aus der Entscheidung des BGH bekannten Gedenkzustand versetzt werden. Der Erblasser kann hier zusätzlich einen sog. Nachlasskontakt bestimmen, der auf das Konto Zugriff hat und es im Gedenkzustand verwaltet (vgl. https://de-de.facebook.com/help/103897939701143; zuletzt abgerufen am 29.7.2020).
b) Erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
Aus rechtlicher Sicht bietet die Anordnung der Testamentsvollstreckung in einer letztwilligen Verfügung eine geeignete Lösung, um höchstpersönliche und intime Daten vor dem Zugriff durch die Erben zu schützen. Der Erblasser kann den Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers in der letztwilligen Verfügung konkretisieren. In der Regel wird der Testamentsvollstrecker nach seiner Ernennung den Nachlass in Besitz nehmen, wozu auch der digitale Nachlass gehört. Hat der Erblasser die Löschung sensibler Daten verfügt, hat der Testamentsvollstrecker dies umzusetzen. Solange die Daten der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterliegen, hat der Erbe kein Zugriffsrecht (vgl. § 2211 Abs. 1 BGB). Weiterhin ist der Testamentsvollstrecker berechtigt, Vertragsbeziehungen des Erblassers zu kündigen und Benutzerkonten zu löschen, vgl. § 2205 S. 2 BGB.
Als zweite Gestaltungsmöglichkeit bietet sich die Anordnung einer Auflage an. Gemäß § 1940 BGB kann der Erblasser den Erben zu einer Leistung verpflichten, ohne einem anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden. Hierdurch kann der Erblasser den Erben mit der Löschung von Daten oder der Kündigung von Vertragsbeziehungen beschweren und gleichzeitig anordnen, dass der Erbe die Daten zuvor nicht einsehen darf. Das Problem dieser Gestaltungsmöglichkeit besteht aber darin, dass der Erbe nicht kontrolliert wird, ob er die Einsichtnahme unterlässt. Die Beschwerung mit einer Auflage wird im Erbschein auch nicht eingetragen (Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger/Mayr, jurisPK-BGB, § 2353 BGB Rn 96), wodurch der Erbe ungehindert die Zugriffsmöglichkeit auf ein Benutzerkonto vor Löschung erhält. Daher ist die Einhaltung der Auflage durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung abzusichern.
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